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Jens Spahn.

© Carsten Rehder/dpa

Kampf um CDU-Parteivorsitz: Höherer Rentenbeitrag für Kinderlose - Spahns Profilierungsflop

Der Gesundheitsminister strebt an die CDU-Spitze und buhlt um Stimmen der Sozialkonservativen. Dabei hat er auf das falsche Thema gesetzt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albert Funk

Jens Spahn ist durch die Kandidatur von Friedrich Merz für den CDU-Vorsitz auf dem falschen Fuß erwischt worden. So hat er das Mäntelchen des Marktwirtschaftlers vorerst an die Garderobe gehängt und dient sich nun dem sozialkonservativen Flügel der Partei als Kümmerer und Freund der Familie an.

Zu diesem Zweck hat er eine Forderung erhoben, die er wohl als besonders zündend empfand: Kinderlose sollen mehr in die gesetzliche Rente einzahlen. Eine Versäumnisleistung sozusagen, weil sie ja keinen beitragszahlenden Nachwuchs produzieren. Wie es ausschaut, ist die Welle der Empörung ob der Ungerechtigkeit ausgeblieben.

Das mag auch daran liegen, dass die familienpolitisch besonders aktiven Sozialkonservativen am eigenen Erfolg leiden. Denn dass in Deutschland zu wenig für Familien getan wird, lässt sich nicht mehr so leicht behaupten. Über die steuerliche Förderung, die direkten Unterstützungen, die Anrechnung der Erziehungszeiten in der Rente und der Begünstigung bei der Pflegeversicherung ist einiges passiert, um eine echte oder nur vermeintliche Schlechterstellung von Erziehenden zu verhindern oder jedenfalls stark zu mindern.

Dass die durch und durch sozialkonservative CSU zuletzt mit zwei Fördermodellen punkten wollte, die als fragwürdig gelten – Mütterrente und Baukindergeld –, zeigt schon, dass auch diesem Milieu nicht mehr viel Sinnvolles einfällt, um den familienpolitischen Stimmenfang zu betreiben.

Das deutsche Modell hat Haken

Dabei führt das deutsche Modell der Familienpolitik samt Altersvorsorge im Umlageverfahren möglicherweise sogar dazu, Kinderlosigkeit eher zu fördern als zu verhindern. In der aktiven Familienphase klotzt man bei der Entlastung. Das ist teuer und muss finanziert werden. Auch deshalb ist die steuerliche Belastung von jungen Singles und jungen Paaren so hoch wie in kaum einem anderen Land.

Das kann natürlich, wenn man zum Beispiel keine große Unterstützung durch Erbschaften oder die Nähe von Eltern und Verwandten in Aussicht hat, eine Familiengründung verzögern, den Kinderwunsch dämpfen. Zumal in Städten und Regionen, in denen die Immobilienpreise zu hoch sind. Die ebenfalls hohe Belastung von Eltern, deren Kinder erwachsen sind, ist eine weitere Folge der starken Konzentration auf die Familienphase.

Das aber mindert später die Eigenvorsorge und verstärkt die Abhängigkeit von der Umlagerente, welche die Kinder finanzieren müssen. Dass Kinderlose über ihre dauerhaft höhere Belastung den notwendigen Steuerzuschuss zur Rentenversicherung in einem nicht zu unterschätzenden Maß mitfinanzieren, gehört auch zum System.

Leider wird in der Debatte ständig mit der Gesellschaft als Ganzem argumentiert, als ob das einzelne Leben zuvörderst dem Kollektiv dient. Das schmeckt einfach zu sehr nach Volksgemeinschaftsdenken, um in einer modernen Bürgergesellschaft zu wirken. Jens Spahn sollte daher aus seinem Profilierungsflop lernen (der Widerspruch war die Woche über größer als der Zuspruch) und sein Talent nicht mit Appellen an vorgestrige Ideale vergeuden. Sondern sich dafür einsetzen, eine bessere Balance von kollektiver und individueller Vorsorge zu erreichen.

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