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Politik: Kampf um Ketchup

Das Image der Kanzlerkandidatin soll gesamtdeutsch sein, die CDU-Wahlwerbung wird im Osten anders

Von Matthias Meisner

Berlin - Die CDU nahm sich SED-Propaganda zum Vorbild. Und Angela Merkel hatte einen Auftritt für die Ostdeutschen. 1998 war das, in einer Auflage von 6,5 Millionen verteilte die CDU an alle Ost-Haushalte eine nachgemachte Ausgabe der Zeitschrift „NBI“, in Aufmachung und sogar Papier identisch mit der früheren DDR-Zeitschrift. Merkel, damals Umweltministerin, war Gastautorin. Sie empfahl Trabi-Düfte als „Rezept gegen Vergesslichkeit“, erinnerte an den Kampf um Tomatenketchup, Rosenthaler Kadarka, Spee oder Tempo-Linsen. Und wusste ihre Ost-Kompetenz einzusetzen. Beim „Wir sind bereit“ auf den SPD-Plakaten müsse sie an das „Immer bereit“ der Jungpioniere denken, schrieb sie. Und fand nicht alles schlecht: „Dennoch war es auch ein Leben, in dem Kinder zu menschlichen Tugenden erzogen wurden, in dem wir improvisieren lernten, und in dem wir viel Zeit füreinander hatten.“

Sieben Jahre später ermahnen die eigenen Parteifreunde ihre Kanzlerkandidatin, den Osten nicht zu vergessen. „Eine Verbesserung der Vermittlung“, was die besondere Situation der ostdeutschen Gesellschaft angeht, wünscht sich Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt. Und setzt dabei auch auf Merkel: „Ihr nimmt man das schon ab, dass sie die Probleme kennt.“ Arnold Vaatz, stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag, sieht in der CDU-Chefin ein Vorbild: „Wir müssen am Beispiel Merkel deutlich machen, dass es eine Ostdeutsche geschafft hat, sich zur Kanzlerkandidatur durchzubeißen und zeigen, dass sie da Eigenschaften genutzt hat, die eigentlich, wenn sie nur freigelegt würden, in uns allen stecken.“

Eine besondere Ost-Kampagne? Vorsichtig formuliert Merkel in der „Süddeutschen Zeitung“, der Wahlkampf im Osten werde „in Teilen anders“ sein. Ein Aufreger wie 1994 das Rote-Socken-Plakat von Generalsekretär Peter Hintze ist aber nicht geplant, damals bekam die CDU-Warnung vor einem Linksbündnis fast Kultstatus, wurde zigmal karikiert – und die CDU wurde im Osten stärkste Partei. 1998, als die Ostalgie-„NBI“ erschien, haute das nicht mehr hin. Ein Merkel-Fan in der Parteiführung, der nicht genannt werden will, rät denn auch, die gesamtdeutsche Identität der CDU-Chefin herauszustellen. „Völlig falsch wäre es, aus ihr eine Super-Illu-Ossi zu machen.“

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