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Politik: Kampf ums Sahnehäubchen

Das Dresdner Ergebnis wird am Ausgang der Wahl nichts ändern. Trotzdem fahren alle Parteigrößen hin

Dresden - Die Nachwahl im Dresdner Wahlkreis 160 ist nicht mehr entscheidend. Die SPD hat keine Chance, ihren Rückstand von drei Mandaten gegenüber der Union aufzuholen, um so wenigstens ein Patt im Bundestag zu erreichen. Gleichwohl zeigen die Parteistrategen großes Interesse an dem Termin. Denn der Ausgang gilt als psychologisch wichtig für die anstehenden Koalitionsverhandlungen.

Sowohl Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) als auch Kanzlerkandidatin Angela Merkel (CDU) wollen in der Elbestadt am Freitag für ihre Parteien um Stimmen werben. Bereits am Mittwoch werden Gregor Gysi und Oskar Lafontaine für die Linkspartei auftreten. FDP-Chef Guido Westerwelle und Grünen-Ministerin Renate Künast haben sich für Donnerstag angekündigt.

Angela Merkel setzt offenbar darauf, dass die SPD-Spitze nach einem CDU-Erfolg in Dresden ihren Führungsanspruch aufgäbe. Bei der SPD sei die Einsicht in die Realität bislang noch nicht in vollem Umfang gereift, spottete sie am Freitag bei einem Auftritt vor CDU-Mittelständlern in Dresden. „Vielleicht ist ja auch die Tatsache, dass in Dresden nochmals gewählt wird, für diese Einsichtsprozesse hilfreich,“ so Merkel. Dass es ums Prestige geht, daraus macht auch die Linkspartei kein Geheimnis. „Wir kämpfen ums Direktmandat, das wäre das Sahnehäubchen“, sagt Partei-Sprecher Rico Schubert. Auch die SPD hat den Kampf noch nicht aufgegeben. Die Sozialdemokraten würden einen Erfolg als Bestätigung des Anspruchs von Gerhard Schröder auf das Kanzleramt interpretieren.

Bei der CDU spielt man unterdessen die Lokalpatriotismus-Karte. Wer noch einen Dresdner im Bundestag wolle, müsse CDU-Mann Andreas Lämmel wählen, wirbt die Union. Die Kandidatinnen von SPD und PDS, Marlies Volkmer und Katja Kipping, seien ja bereits über die Landeslisten in den Bundestag eingezogen. Während die CDU eifrig um Erststimmen kämpft, würde sich in der Partei niemand über ein gutes Zweitstimmenergebnis freuen. Wegen der Eigenheiten des deutschen Wahlrechts könnte es der Partei sogar einen Mandatsverlust bescheren. Bereits 41000 Stimmen würden Wahlexperten zufolge dafür genügen. Verantwortlich für diese paradoxe Konstellation ist das so genannte negative Stimmrecht, das durch die Mischung von Persönlichkeits- und Verhältniswahlrecht zu Stande kommt.

Die CDU hielt sich trotz des Dilemmas mit öffentlichen taktischen Empfehlungen bislang zurück. Anders die FDP: Sie ließ bereits Plakate drucken, auf denen sie die Wähler auffordert, mit der Erststimme CDU zu wählen, aber mit der Zweitstimme die Liberalen.

Lars Rischke[Dresden]

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