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Andreas Jung (CDU) kommt am Dienstag zur Kampfabstimmung der Unionsfraktion.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Kampfabstimmung in der Unionsfraktion: Andreas Jung wird Unionsfraktionsvize

Bei der Kampfkandidatur um den Vizeposten in der Unionsfraktion siegte der Favorit Andreas Jung. Sein Gegenkandidat, ein Kritiker von Merkels Politik, verlor.

Diesmal blieb die Revolte aus. Nachdem die Unionsfraktion im Bundestag vor zwei Wochen überraschend ihren langjährigen Vorsitzenden Volker Kauder durch einen bis dahin kaum bekannten Fachpolitiker ersetzt hatte, leisteten sich die 200 CDU-Abgeordneten am Dienstag zwar schon wieder eine Kampfabstimmung. Am Ende wählten sie aber brav den vorgesehenen Proporzkandidaten und Chef der baden-württembergischen Landesgruppe, Andreas Jung, mit knapp 77 Prozent zum Fraktionsvize. Sein Gegenkandidat Olav Gutting erhielt nur 41 Stimmen.

Normalerweise wäre um die kleine Wahl nicht viel Aufhebens gemacht worden. Der vormalige Posten des KauderNachfolgers musste nachbesetzt werden. Doch nach der Niederlage des Merkel- Vertrauten Kauder waren die Alarmantennen ausgefahren. Schon wieder eine Kampfabstimmung in der so hierarchiegeübten Unionsfraktion. Schon wieder ein Unbequemer, der einem für das Amt Erkorenen Paroli bot. Und schon wieder Revolutionsgeruch. Was, wenn daraus ein neuerliches Misstrauensvotum gegen die Parteichefin und Kanzlerin würde, das sich dann in seiner Dopplung weit schwieriger als die Kauder-Abwahl als bloßer Wunsch nach mehr Schwung und neuem Gesicht, nach ein bisschen mehr Unabhängigkeit der Fraktion abtun ließe?

Tatsächlich war die Ausgangssituation ähnlich wie beim Desaster des Merkel-Palladins Kauder. Es ging erneut darum, ob die Fraktion der Kanzlerin einen ihr genehmen Kandidaten verweigern würde. Der zu bestimmende Fraktionsvize ist zuständig für Haushalt und Finanzen – nicht unwichtig angesichts der anstehenden Entscheidungen zur europäischen Währungsunion. Mit Jung hat Merkel hier wenig Eigenwilligkeit zu fürchten. Schließlich hat sich der 43-Jährige diesbezüglich bislang nicht als Rebell hervorgetan. Und im Bundestag war er auch eher mit Umweltpolitik beschäftigt als mit Finanzproblemen.

Gutting war gefährlich

Ganz anders sein Widersacher Olav Gutting. Der 47-Jährige, ebenfalls aus Baden-Württemberg, ist tiefer drin in der Materie. Und ließ in der Vergangenheit klar erkennen, dass ihm das Nachgeben gegen Griechenland, die immer neuen Hilfspakete und immer höheren Haftungsrisiken, nicht passten. Beides war Grund für die Unions-AG Finanzen, Gutting einstimmig zum Gegenkandidaten auszurufen. Die Strippen zog der Chef des Parlamentskreises Mittelstand, Christian von Stetten.

Die Kür des Fraktionsvizes drohte aber nicht nur wegen der künftigen Finanz- und EU-Politik zur Richtungswahl zu werden. Gutting liegt in der Flüchtlingspolitik ebenfalls auf anderer Linie als Merkel. Jung dagegen wird dem liberalen Flügel der Union zugerechnet, er hat etwa Sympathien für schwarz-grüne Allianzen.

Was Gutting zudem gefährlich machte: Mit seiner Skepsis gegen die Euro-Rettungspolitik hatte Gutting mit Brinkhaus vor dessen Wahl an einem Strang gezogen. Zwar ließ der neue Fraktionschef offen, wen er sich auf dem Vizeposten wünschte und spielte die Kampfkandidatur als „ganz normale demokratische Entscheidung“ herunter. Doch von Gutting ist bekannt, dass er Brinkhaus gewählt hat. Jung dagegen hatte intensiv für den abgewählten Kauder geworben.

Für den Vizeposten hatte zunächst sogar noch ein Dritter seinen Hut in den Ring geworfen: der ebenfalls aus dem Südwesten stammende Finanzexperte Alex Fischer. Der 52-Jährige hatte Jung vehement aufgefordert, sich für eines der beiden Ämter zu entscheiden: Fraktionsvize oder Chef der Landesgruppe. Am Ende trat er dann aber nicht an, weil der „fachfremde“ Jung bereits einen finanzpolitisch versierten Gegenkandidaten hatte.

Jung hatte mit ausgleichenden Tönen für sich geworben. Er wolle einen Beitrag zur Stabilität der Fraktion leisten, sagte er – und stellte engen Schulterschluss mit dem Kauder-Nachfolger in Aussicht. Es gelte, den Blick nach vorne zu richten und, wie Brinkhaus es ausgedrückt habe, „gemeinsam an einem neuen Aufbruch zu arbeiten“. Die Abgeordneten fanden das offenbar wichtiger als finanzpolitischen Sachverstand. Und ein neuerliches Signal gegen Merkel wäre vor den wichtigen Wahlen in Bayern und Hessen ja auch bisschen viel gewesen.

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