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Politik: Kampfansage auf Französisch

Regierung in Paris verabschiedet verschärftes Anti-Terror-Paket

Nach den neuen Anschlagsdrohungen der Al Qaida hat die französische Regierung ein Anti-Terror-Paket aufgelegt, das im EU- Raum seinesgleichen sucht. Die sieben wichtigsten Bahnhöfe in Paris und die beiden Flughäfen Charles de Gaulles und Orly werden rund um die Uhr bewacht. Im Rahmen des Anti-Terror-Plans „Vigipirate“ sind seit den Anschlägen vom 11. September ohnehin 2500 Polizisten vor Pariser Gebäuden, auf den U-Bahnhöfen und in den Straßen im Dauereinsatz. Wegen des erhöhten Verkehrs- und Touristenaufkommens während der Festtage werden sie jetzt durch zusätzliche 1100 Sicherheitskräfte unterstützt.

Die Beamten haben vor allem die zahlreichen Touristenattraktionen in Paris ins Visier genommen. Ein favorisiertes Ziel terroristischer Drohungen, so berichtet anonym ein Geheimdienstmann, sei die berühmte Kathedrale Notre-Dame. Ebenso seien amerikanische Gebäude sowie das Pariser Disneyland besonders gefährdet.

In der französischen Bevölkerung werden die drastischen Maßnahmen positiv aufgenommen – erst recht, seitdem sich herausgestellt hat, dass in Paris zahlreiche Drahtzieher islamistischer Terrorgruppen und der Al Qaida nahe stehende Extremisten Unterschlupf gefunden haben. So akzeptieren die Pariser mit großer Gelassenheit Taschenkontrollen an den Eingängen zu Konzert- und Theatersälen oder Durchsuchungen von Autokofferräumen. Sie können auch damit leben, dass es in der gesamten Innenstadt keine Papierkörbe mehr gibt, sondern nur noch provisorisch angebrachte Abfalltüten aus durchsichtigem Plastik.

„Auch wenn man derzeit die Gefahr nicht genau benennen kann, hat sich die terroristische Bedrohung in den letzten Monaten erhöht“, sagt Frankreichs Inlandsgeheimdienstchef Pierre de Bousquet de Florian. In Europa seien derzeit besonders Anschläge von kleineren extremistischen Gruppen zu befürchten, die kurzfristig zuschlagen könnten. Noch dramatischer klingt die Einschätzung von Frankreichs Verteidigungsministerin Michéle Alliot-Marie: „Frankreich ist eindeutig eines der Hauptzielländer fundamentalistischer Terrorgruppen.“ Deshalb ordnete die Ministerin jetzt an, die Vorräte an Impfstoffen gegen verschiedene biologische und bakteriologische Giftgase, darunter den gefährlichen Pockenvirus, zu erhöhen.

Eine Neuerung im französischen Anti-Terror-Paket ist, dass die 16 Moscheen im Land unter „besondere Beobachtung“ durch den Geheimdienst gestellt worden sind. Der Grund: Die muslimischen Gotteshäuser könnten als „Rekrutierungszellen“ für junge gewaltbereite Gläubige genutzt werden. Der ehemalige „Gotteskrieger“ William sagte vor kurzem der Zeitung „Le Parisien“, er sei in der im Pariser 11. Arrondissement gelegenen Moschee Omar „ausgebildet" worden. Später sei er zu ersten Al-Qaida-Kontakten nach London und dann in ein Trainingslager nach Pakistan geschickt worden.

Sabine Heimgärtner[Paris]

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