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Robuste Fahrt: Ein Marder-Schützenpanzer der Bundeswehr, wie ihn die ukrainische Armee gern hätte.

© Philipp Schulze/picture alliance/dpa

Kann die Ukraine-Militärhilfe schnell fließen?: Wie die Ampel durchs Haushaltsrecht kurvt

Die Bundesregierung will der ukrainischen Regierung mehr als eine Milliarde Euro geben. Doch auf welchem Weg auch immer: Das dauert länger als erwartet.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nimmt für sich in Anspruch, seine Entscheidungen und Äußerungen immer gut durchdacht zu haben und sie sehr präzise zu formulieren. Aber manchmal muss es eben schnell gehen. Wie vorige Woche, als der Kanzler verkündete, die Regierung werde den Posten für die Militärhilfen an andere Staaten erhöhen – von 0,2 auf zwei Milliarden Euro.

Der größere Teil soll an die Ukraine fließen. Damit reagierte der Regierungschef auf den wachsenden Druck, den Kiewer Bitten um Waffenhilfe zu entsprechen. Mit dem Geld aus Berlin soll die Ukraine selber Waffen kaufen können, in Deutschland oder anderswo. Finanzminister Christian Lindner (FDP) ergänzte, man werde die Mittel zügig im Ergänzungsetat einstellen, der am 27. April im Kabinett beschlossen werden soll. Das klang nach einem gut vorbereiteten Eilverfahren.

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Aber dieser Etat muss erst noch durch Bundestag und Bundesrat. Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen und andere Kritiker wiesen deshalb darauf hin, dass das Geld so wohl nicht vor Mitte oder Ende Juni tatsächlich verfügbar wäre. Doch nicht gut vorbereitet also?

Nun hat Lindner reagiert: Am Rande der G20-Tagung in Washington erklärte er laut Redaktionsnetzwerk Deutschland, sobald es eine entscheidungsreife Vorlage zu den Waffenwünschen gebe, könnten die Mittel auch als außerplanmäßige Ausgabe früher fließen.

Ein Topf namens Ertüchtigungsinitiative

Die Ankündigung von Scholz bezog sich auf die so genannte Ertüchtigungsinitiative, einen Sondertopf beim Verteidigungsministerium, über den Maßnahmen zur Krisenprävention und Krisenbewältigung in anderen Staaten unterstützt werden.

Da es diesen Topf planmäßig schon gibt, wäre streng genommen eine außerplanmäßige Ausgabe der Mittel nicht möglich – wohl aber eine überplanmäßige (weil ein vorhandener Etatposten aufgestockt wird). Doch mutmaßlich stößt man sich an solchen Feinheiten in der Bundesregierung, die ohne regulären Etat für 2022 wirtschaftet und sich somit in der vorläufigen Haushaltsführung befindet, derzeit nicht.

Dass die Haushaltsordnung verlangt, eine solche Aufstockung solle durch Einsparung an anderer Stelle im Verteidigungsetat kompensiert werden, dürfte angesichts der Eile auch keine größere Rolle spielen.

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Im Finanzministerium wird darauf verwiesen, dass es auch nach dem Beschluss des Ergänzungsetats im Kabinett und vor dessen Inkrafttreten als Gesetz möglich sei, Mittel zugunsten der Ukraine kurzfristig verfügbar zu machen. Lindner kann allerdings einer Vorab-Ausgabe der Mittel – ob nun außer- oder überplanmäßig – nur „im Falle eines unvorhergesehenen oder unabweisbaren Bedarfs“ zustimmen, so die Bundeshaushaltsordnung.

Erst ein Projektskizze

Das Verfahren der Mittelvergabe in der Ertüchtigungsinitiative ist ebenfalls geregelt. Nach einem Unterstützungsgesuch des Partnerlandes wird eine Projektskizze erstellt, danach erfolgt eine Abstimmung zwischen Verteidigungsressort und Auswärtigem Amt. Wird das Projekt gebilligt, kann das Partnerland sich Angebote einholen, worauf die Ertüchtigungsmittel fließen können.

Wie es aussieht, stellen der russische Überfall und der Kriegsverlauf in der Ukraine eine echte Herausforderung für das deutsche Haushaltsrecht und das Regularium der Ertüchtigungsinitiative dar. Aus Kiewer Sicht scheint das zu bedeuten, dass die Sache so oder so dauert – ob via Ergänzungsetat oder außer-/überplanmäßige Ausgabe.

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