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Politik: „Kann man Demokratie essen?“

Haitis neuer Präsident im Amt vereidigt

Port-au-Prince/Berlin - Drei Monate nach der Präsidentenwahl in Haiti ist das neue Staatsoberhaupt René Préval am Sonntag vereidigt worden. Der 63-Jährige tritt ein schwieriges Amt an: Haiti ist das ärmste Land der westlichen Hemisphäre. Der neue Präsident hat die Schaffung von Arbeitsplätzen, bessere Bildungsmöglichkeiten und den Kampf gegen die soziale Ungerechtigkeit versprochen. „Wir sind zusammen auf die Schule gegangen, er war eine Klasse über mir“, sagt der haitianische Botschafter in Berlin, Jean-Robert Saget. Préval sei guten Willens und nicht korrupt. „Wenn er gute Berater hat, wird er den demokratischen Prozess weiter vorantreiben.“

Das Problem Haitis sei, dass sich das Land „in einem so desolaten Zustand“ befände, „dass sozusagen alles prioritär geworden ist“. Der Kampf gegen die Überbevölkerung – „in den 50er Jahren hatten wir 3,1 Millionen Einwohner, jetzt sind wir bei fast neun Millionen“. Die Gesundheitsvorsorge, Erziehung, Umweltschutz, Korruptions- und Kriminalitätsbekämpfung – „wir müssen so unglaublich viel machen“, sagte Saget dem Tagesspiegel. Über allem aber stehe letztlich doch die Bekämpfung der Armut. „Ich war zuletzt neun Jahre in Haiti, habe in der Provinz gelebt und mit Jugendlichen gearbeitet“, erzählt Saget. „Die hören aufmerksam zu, wenn man von den Vorzügen der Demokratie spricht – aber dann fragen sie: Kann man Demokratie essen?“

Er sei zuversichtlich, dass Préval eine Versöhnungspolitik realisieren werde, „die ernst nimmt, was auf unserer Flagge steht: Einheit macht stark“. Dafür sei Préval bereit, mit anderen zusammenzuarbeiten und Kompromisse einzugehen, „was Haitianern sehr schwer fällt“. Mit Blick auf die internationale Gemeinschaft sagte Saget, „ich werde wahrscheinlich nicht erleben, dass Haiti unabhängig von Entwicklungshilfe leben kann“. Das Land brauche Unterstützung von außen. „Aber anders als bisher: Nicht, dass man uns immer diktiert, was wir zu tun haben. Wir Haitianer müssen mehr einbezogen werden.“ Die UN-Truppen – rund 9500 Soldaten und Polizisten – müssten vorerst bleiben. Die Polizei sei noch nicht so stark, dass sie die Arbeit übernehmen könnte, sagte Saget. Allerdings müsse das Mandat der UN klarer und so erweitert werden, „dass die Blauhelme auch intervenieren dürfen, wenn es darum geht, Banditen zu neutralisieren. Ohne Sicherheit in unserem Land wird es keine Investitionen geben.“ mis

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