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Politik: Kanzler will Industrie höher besteuern

Verwirrspiel um ein Angebot der Wirtschaft, für ein Jahr mehr zu zahlen / Union: Bundesbankgewinne nutzen

Berlin (Tsp). Bundeskanzler Gerhard Schröder und die Ministerpräsidenten der Länder haben sich darauf geeinigt, 9,8 Milliarden Euro zur Beseitigung der Hochwasserschäden aufzubringen. Der Kanzler bekräftigte nach dem Treffen, die vom Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) für ein Jahr angebotene Erhöhung der Körperschaftsteuer um 1,5 Prozentpunkte auf 26,5 Prozent werde Teil des Pakets sein. Zuvor hatte die Union ein eigenes Konzept vorgelegt. Sie will die Flutschäden mit den Gewinnen der Bundesbank bezahlen. Dennoch werde sie die geplante Verschiebung der zweiten Stufe der Steuerreform nicht blockieren.

Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) und Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU) begründeten diese Position in Berlin. Stoiber sagte, „die Hochwasseropfer brauchen das klare Signal der politischen Parteien – wir lassen euch nicht im Stich“.

Verwirrung gab es um das BDI-Angebot. Nachdem Schröder erklärt hatte, er nehme das „sehr solidarische Angebot“ der Industrie an und werde es schnell umsetzen, ließ BDI-Präsident Rogowski klarstellen, er sei vom Kanzler „überinterpretiert“ worden. Eine „einmalige Solidaraktion für alle Steuerzahler“ komme für ihn nur in Frage, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft seien. Am Donnerstagabend kommentierte Schröder diese Äußerung so: „Das ist, glaube ich, ein Irrtum seiner Pressestelle, die Rogowski unterinterpretiert hat.“ Allerdings rechnen Experten durch diese Steuererhöhung lediglich mit Einnahmen von nicht einmal 300 Millionen Euro.

Auch Brüssel will den Flutopfern schnell helfen. EU-Ratspräsident Anders Fogh Rasmussen sagte auf einen Brief aus den betroffenen Ländern: „Die EU muss schnell handeln.“ Bund und Länder legten am Donnerstag ein erstes Hilfsprogramm für die von der Hochwasserkatastrophe geschädigten Betriebe auf. Zudem kündigte Schröder an, dass allein Erziehende, die von der Verschiebung der Steuerreform besonders getroffen würden, weniger herangezogen werden sollen. Das Abschmelzen des Haushaltsfreibetrags werde im kommenden Jahr ausgesetzt.

Die Union will zur Finanzierung Bundesbankgewinne in Höhe von 7,7 Milliarden Euro aus dem Jahr 2001 heranzuziehen. Das Geld sollte zur Tilgung der Lasten der Deutschen Einheit verwendet werden. Weiter will die Union wie die Bundesregierung eine Haushaltssperre verhängen und Mittel aus dem Verkehrsetat umschichten. Insgesamt kämen auf diese Weise zehn Milliarden Euro zusammen, sagte Stoiber. Die geplante Verschiebung der Steuerreform komme einer Steuererhöhung gleich und sei sozial unausgewogen, kritisierte er. Schröders Konzept sei „Gift für die Konjunktur und die Arbeitsplätze im Mittelstand“. Neue steuerliche Belastungen für große Firmen zum Ausgleich sozialer Asymmetrie, wie sie Unionspolitiker in den vergangenen Tagen gefordert hatten, lehnte der CSU-Chef aber ab.

Finanzminister Hans Eichel (SPD) kritisierte, die Union knüpfe „nahtlos an die alte Schuldenpolitik“ der Regierung Kohl an.

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