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Politik: Kanzlerfrage: Die Parteien entscheiden

Auch heute noch Spitzengespräche CDU-Länderchefs verlangen Reformbeschlüsse

Berlin - Drei Wochen nach der Bundestagswahl soll sich jetzt entscheiden, wer in Deutschland künftig als Kanzler die Regierung führt. Dafür wurden gleich mehrere Treffen an diesem Montag vereinbart, darunter noch einmal eines der Verhandlungsführer von Union und SPD, Angela Merkel und Edmund Stoiber auf der einen Seite, Gerhard Schröder und Franz Müntefering auf der anderen. Die vier hatten sich bereits am Sonntagabend getroffen, nach dem dreieinhalbstündigen Gespräch verzichteten sie – wie zuvor verabredet – auf jede Stellungnahme. Am Montag sollen sich auch die Präsidien und Vorstände der Parteien mit den Ergebnissen der Gespräche befassen und gegebenenfalls die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen beschließen.

Überraschend hatte die SPD gedrängt, nicht schon bei der Begegnung am Sonntagabend die Kanzlerfrage endgültig zu beantworten. Die Union besteht unverändert darauf, dass Merkel das Amt übernimmt, bei der SPD scheint der Widerstand dagegen sogar noch zu wachsen. Parlamentarische Linke und der Seeheimer Kreis der konservativen Sozialdemokraten sprachen sich für Schröder aus. Dieses gemeinsame Vorgehen soll offenkundig die Parteiführung warnen: Beide Gruppierungen stellen zusammen 180 der 222 Parlamentarier der SPD. Merkel dürften bei einer Wahl im Bundestag theoretisch nicht mehr als 140 Stimmen fehlen. Schröder beriet sich am Sonntag mit Müntefering über die Strategie.

Die FDP wollte zu einem Bericht, dass sich der Bundeskanzler mit einem führenden Freien Demokraten getroffen habe, zunächst nicht Stellung nehmen. Später erklärte ein Sprecher, die FDP werde keine Gespräche über eine Ampelkoalition mit SPD und Grünen führen.

Unbehagen über den Verlauf der Sondierungsgespräche wurde in der CDU geäußert. Drei Ministerpräsidenten, Peter Müller (Saarland), Dieter Althaus (Thüringen) und Günther Oettinger (Baden-Württemberg) verlangten klare Reformbeschlüsse. Müller wandte sich gegen eine große Koalition um jeden Preis. Sachsens Regierungschef Georg Milbradt stellte den Unionsbeschluss einer höheren Mehrwertsteuer in Frage.

Unabhängig davon zeichnen sich schon die Umrisse eines möglichen Kabinetts ab. Es soll demnach acht Ressortminister für die SPD geben, sechs für die Union, die dazu die Kanzlerin und Volker Kauder als Kanzleramtschef im Rang eines „Bundesministers für besondere Aufgaben“ stellen will. Kauders Nachfolger als CDU-Generalsekreär würde Ronald Pofalla. Das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit soll wieder geteilt werden. Für die Union reklamierte Ministerpräsident Oettinger das Landwirtschaftsressort, weil es nicht sein könne, dass sich die SPD alle guten, einflussreichen Ministerien sichere. Ressortchef für Wirtschaft und zusätzlich für Technologie und Infrastruktur will CSU-Chef Edmund Stoiber werden. Der frühere CDU-Chef Wolfgang Schäuble schlug nach eigenen Angaben das Angebot Merkels aus, Bundestagspräsident zu werden.

In der SPD, auch der Brandenburgs, wird debattiert, ob Ministerpräsident Matthias Platzeck sich einem Ruf in die Bundesregierung als Vizekanzler und Außenminister wirklich entziehen könnte.

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