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Politik: Kanzlerin steht zu ihrem Außenminister

Regierung: Das angebliche US-Angebot zur Freilassung von Kurnaz war nur ein Plan auf Arbeitsebene

Von Hans Monath

Berlin - Nach der ersten Stellungnahme von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zu Vorwürfen gegen ihn im Fall Murat Kurnaz ist am Mittwoch die Verteidigungsstrategie für den früheren Kanzleramtschef deutlich geworden. Das in Aktennotizen beschriebene US- Angebot aus dem Jahr 2002 zur Freilassung des in Guantanamo inhaftierten Bremer Türken sei lediglich von „Bediensteten auf Arbeitsebene“ überlegt worden und damit nicht tragfähig gewesen, erklärte Vizeregierungssprecher Thomas Steg: „Was ein Angebot ausmacht, ist die Fähigkeit desjenigen, der ein Angebot äußert, es auch einzulösen.“

Steinmeier hatte am Dienstag erstmals inhaltlich den Vorwurf zurückgewiesen, unter seiner maßgeblichen Mitverantwortung habe die rot-grüne Bundesregierung die Freilassung des in Bremen aufgewachsenen türkischen Staatsbürgers Kurnaz verhindert. „Ich kenne ein solches Angebot nicht“, sagte der Minister. Die Argumentation zielt nach Hinweisen aus Regierungs- und Sicherheitskreisen darauf, dass nur die Spitze des US-Verteidigungsministeriums über das Schicksal von Guantanamo-Häftlingen entschieden habe. Das Pentagon sei im Hinblick auf die Entlassung von Verdächtigen weit restriktiver gewesen als US-Geheimdienste, die eigene Interessen verfolgten.

Nach dieser Darstellung sollen deutsche Geheimdienstmitarbeiter, deren Vermerke in vom BND-Untersuchungsausschuss angeforderten Akten zu lesen sind, gemeinsam mit US-Kollegen, aber ohne Zustimmung des Pentagon, den Plan entwickelt haben, Kurnaz nach der Freilassung in der deutschen Islamistenszene als Spitzel einzusetzen. Diesem Vorschlag hätten vorgesetzte deutsche Stellen aber nie zugestimmt.

Regierungschefin Angela Merkel verstärkte die Vertrauenserklärungen für Steinmeier, die sie schon in den vergangenen Tagen abgegeben hatte. Die Kanzlerin wolle die „gute, menschlich angenehme Form der Zusammenarbeit“ mit dem Außenminister auch über die Zeit der Ratspräsidentschaft fortsetzen, sagte Steg. Zugleich machte er deutlich, dass die aktuellen Vorwürfe gegen den früheren Kanzleramtschef die Achtung der Kanzlerin für den heutigen Außenminister nicht gemindert hätten. „Sie pflegt eine solche Form der Wertschätzung nicht abzulegen, wie andere ihr Oberhemd wechseln“, erklärte Steg.

Die Verteidigungsstrategie zielt offensichtlich nicht auf die Tatsache, dass der in Bremen aufgewachsene Kurnaz keinen deutschen Pass besaß und damit weniger Anspruch auf Unterstützung der Bundesregierung besaß. Nach Regierungsakten hatte sich die Präsidentenrunde im Kanzleramt gegen eine Rückkehr von Kurnaz nach Deutschland entschieden, Beamte hatten auch erwogen seinen Pass durch US-Stellen ungültig stempeln zu lassen. Der Vizeregierungssprecher und der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Jäger, versicherten, die Bundesregierung habe sich entgegen den Vorwürfen stets um das Schicksal von Kurnaz gekümmert. In Bezug auf die Frage, ob die Regierung sich für Kurnaz einsetze, „war die Staatsangehörigkeit nie ausschlaggebend“, erklärten beide Sprecher.

Steg und Jäger kritisierten das negative Urteil des CIA-Sonderausschusses des Europäischen Parlaments über Steinmeiers Rolle im Fall Kurnaz als Darstellung, die vermutlich „auf der Basis von Hörensagen“ getroffen worden sei. Zur Frage, warum der Außenminister entgegen vorheriger Ankündigung schon außerhalb des Untersuchungsausschusses Stellung genommen habe, sagte Jäger. „Sie alle wissen, dass die Option der Überraschung zum Kernbestand der politischen Handlungsmöglichkeiten gehört.“

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