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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor ihrer Befragung im NSA-Untersuchungsausschuss.

© dpa

Update

Kanzlerin vor NSA-Ausschuss: Merkel verteidigt Entscheidung gegen Asyl für Snowden

Sie ist die letzte Zeugin im NSA-Ausschuss: Zur Stunde sagt Angela Merkel vor dem Bundestagsgremium zur Aufklärung der Geheimdienstspionage aus.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat vor dem NSA-Untersuchungsausschuss die Bedeutung des Schutzes der Privatsphäre, aber auch vor den Terror-Gefahren betont. "Immer gilt es aufs Neue, die richtige Balance zwischen Freiheit und Sicherheit zu finden", sagte Merkel bei ihrer mit Spannung erwarteten Aussage vor dem Bundestagsgremium zur Aufklärung der Geheimdienstspionage. Dies sei bereits ihre Haltung gewesen, als sie im Juni 2013 aus den Medien erfahren habe, dass der US-Geheimdienst NSA "Datensammlungsprogramme" unterhalte. Die Datenspionage der NSA war damals durch Enthüllungen des Ex-NSA-Mitarbeiters Edward Snowden bekannt geworden.

Merkel verteidigte auch die Entscheidung der Bundesregierung Snowden kein Asyl in Deutschland zu gewähren. Eine Prüfung durch das Auswärtige Amt und das Justizministerium habe ergeben, dass die Voraussetzungen für Asyl nicht vorlägen, sagte Merkel. "Das ist der Sachverhalt."

Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele wollte von Merkel wissen, warum sie sich nicht für eine Aufnahme Snowdens eingesetzt habe, damit dieser vor dem Ausschuss aussagen könne. Die Kanzlerin verwies darauf, dass der im russischen Asyl lebende Snowden "andere Angebote" zur Aussage nicht wahrgenommen habe. Die Koalitionsfraktionen im Untersuchungsausschuss hatten vorgeschlagen, dass der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter per Video als Zeuge vernommen werden könnte.

Snowden hatte Journalisten Dokumente über die weltweite Überwachung der Internet- und Telefonkommunikation durch den US-Geheimdienst NSA zugespielt. Nach den Enthüllungen ging er im Sommer 2013 ins Exil nach Russland. Moskau verlängerte die Aufenthaltsgenehmigung für Snowden im Januar um zwei weitere Jahre. Die US-Justiz will Snowden wegen Geheimnisverrats den Prozess machen, in Deutschland würde ihm daher die Auslieferung drohen.

Merkel hält an Absage an Datenspionage unter Freunden fest

Merkel sagte, sie halte weiter an ihrem Satz "Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht" aus dem Jahr 2013 fest. "Er hat meine Überzeugung wiedergegeben, die ich davon habe, was Nachrichtendienste tun sollten", sagte die Kanzlerin am Donnerstag vor dem NSA-Untersuchungsausschuss. Sie "habe ja auch nichts gewusst, wissen können", was in dem Bereich in Deutschland gemacht worden sei. Sie habe sich auch nicht damit beschäftigt. "Er (der Satz) schien mir damals eher eine Trivialität aus deutscher Perspektive."

Mit dem Satz hatte Merkel 2013 auf den mutmaßlichen Lauschangriff des US-Geheimdienstes NSA auf ihr Handy reagiert. Inzwischen ist allerdings klar, dass auch der Bundesnachrichtendienst (BND) seinerseits über Jahre befreundete Partner, Regierungen sowie Institutionen ausgespäht hat. Die Aufsicht über den BND liegt beim Kanzleramt. Mit Blick auf die BND-eigenen Ausspähungen sagte Merkel, man sei "auf Dinge gestoßen, die gegen diesen Satz verstoßen, deshalb ist er nicht falsch." 

Merkel erklärte, sie habe "keinerlei Anlass" gehabt anzunehmen, "dass der Satz bei uns seitens des BND nicht eingehalten wurde". Über die Rolle des BND in der Affäre sei sie erstmals im März 2015 von Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) informiert worden. Beim Bundesnachrichtendienst seien "Defizite erkannt" worden, an der "Abstellung" dieser Defizite sei gearbeitet worden. Grundsätzlich sei ihre Aufgabe aber nicht das Abtauchen "in Tiefen und Untiefen" der technischen Details von Spähprogrammen, sondern sie müsse den "politischen Auftrag" im Blick haben.

Das Abhören ihres Handys durch die NSA sei für sie von nachrangiger Bedeutung gewesen, sagte Merkel. "Für mich standen und stehen vielmehr die Interessen aller Bürger im Mittelpunkt, die es zu vertreten und zu schützen gilt, und das bei Abwägung von Freiheit und Sicherheit."

Zu den gescheiterten Bemühungen, mit den USA ein Abkommen auf gegenseitigen Spionageverzicht auszuhandeln, sagte Merkel, sie habe "nicht den geringsten Zweifel" gehabt, "dass von deutscher Seite entschieden daran gearbeitet wurde". Ein solches No-Spy-Abkommen sei von den US-Geheimdiensten im Sommer 2013 in Aussicht gestellt worden. Die Bundesregierung habe dann aber feststellen müssen, dass es auf politische Ebene nicht möglich gewesen sein, mit der Regierung in Washington etwas "Essenzielles" abzuschließen. (dpa/AFP)

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