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Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel (rechts) und Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz.

© dpa

Kanzlerkandidatur der SPD: Warum Scholz nicht gegen Gabriel antreten will

Hamburgs Bürgermeister will nicht bei einer Urwahl um die SPD-Kanzlerkandidatur mitmachen. Doch er würde sich wohl nicht aus der Verantwortung stehlen.

Wenn jetzt nicht der personelle Umbruch umgesetzt wird, dem eine inhaltlich-konzeptionelle und strategische Neuausrichtung zu folgen hat, dann braucht man - um die Fußballsprache zu gebrauchen - nicht vom Klassenerhalt zu träumen, von der Meisterschaft ("Kanzlerkandidat") ganz zu schweigen, sondern sollte sich mit der Vokabel Wiederaufstieg (zurück zum historischen Tiefstand) anfreunden, um einen freien Fall in die Amateurliga (außerparlamentarische Opposition) zu vermeiden.

schreibt NutzerIn mogberlin

In sich gekehrt, die Stirn in Falten geworfen, den Blick auf den Boden gerichtet – so saß Olaf Scholz kürzlich im Atrium der Berliner SPD-Zentrale. Vorne am Rednerpult sprach der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel auf dem SPD-Gerechtigkeitskongress über die Existenzkrise der Sozialdemokratie, und Scholz dürfte währenddessen darüber nachgedacht haben, dass es bald an ihm sein könnte, die SPD aus dieser Krise zu führen.

Der Hamburger Bürgermeister und stellvertretende Parteichef gilt als wahrscheinlichster Nachfolger, sollte sich Gabriel vom Amt des Vorsitzenden zurückziehen. Manche in der SPD rechnen mit einem Wechsel an der Spitze noch vor Ende der Sommerpause. Scholz selbst lässt öffentlich keinerlei Ambitionen erkennen. Er will keinesfalls unter Königsmörder-Verdacht geraten. Interviews des Hamburgers zur Lage der SPD sind dementsprechend rar und fallen für gewöhnlich eher formelhaft aus. Früher, als er dem Agenda-Kanzler Gerhard Schröder als SPD-Generalsekretär diente, nannten sie ihn in der Partei „Scholzomat“.

Er meint wohl damit: Ganz oder gar nicht

Nun aber hat Scholz in seltener Eindeutigkeit erklärt, was er nicht will: als einer von mehreren Bewerbern bei einer Urwahl des SPD- Kanzlerkandidaten antreten. Ein solches Verfahren hatte Gabriel über Pfingsten einmal mehr ins Spiel gebracht: „Es wäre hervorragend, wenn es im nächsten Jahr zwei oder drei Leute aus der Führungsspitze der SPD gäbe, die sagen: ich traue mir das zu.“

Scholz antwortete prompt: „Der SPD-Vorsitzende ist der natürliche Kanzlerkandidat“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Die SPD sei eine solidarische Partei, weshalb die SPD- Spitze zusammenhalte: „Wir machen uns nicht gegenseitig die Posten streitig.“

Nun zählt die SPD-Kanzlerkandidatur angesichts miserabler Umfragewerte an der 20-Prozent-Grenze nicht eben zu jenen Aufgaben, um die man sich in der Führungsriege der SPD reißen würde. Es geht nach Lage der Dinge eher darum, wer den Opfergang auf sich nehmen muss. Wer Scholz’ Äußerungen aber als bloßen Versuch wertet, sich aus der Verantwortung zu stehlen, könnte sich irren.

Die ihn kennen, sind sich sicher, dass seine eigentliche Botschaft in die SPD hinein eine ganz andere ist. Sie lautet: Ich will Gabriel nicht stürzen, übernehme aber im Notfall den Vorsitz und trete dann auch als Kanzlerkandidat an – nach dem Motto: Ganz oder gar nicht.

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