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Politik: Karadzic erkennt UN-Tribunal nicht an

Ehemaliger Serbenführer verweigert Aussage / Richter rügt Ankläger, weil sie zu langsam arbeiten

Den Haag - Der wegen Völkermordes angeklagte frühere bosnische Serbenführer Radovan Karadzic hat vor dem UN- Kriegsverbrechertribunal auf die Frage nach seiner Schuld erneut die Aussage verweigert. Bei seinem zweiten Auftritt vor dem Tribunal in Den Haag sollte Karadzic am Freitag in elf Anklagepunkten auf schuldig oder nicht-schuldig plädieren. Die verweigerte Aussage wertet das Gericht automatisch als „nicht schuldig“. „Im Einklang mit dem, was ich bislang gesagt habe, verweigere ich die Aussage“, sagte Karadzic. Richter Iain Bonomya antwortete: „Damit plädiere ich gemäß dem Verfahrensweg in Ihrem Namen auf nicht schuldig.“ Bereits bei seinem ersten Erscheinen vor dem Tribunal vor vier Wochen hatte Karadzic die Aussage verweigert und eine ihm zustehende Bedenkzeit von 30 Tagen beansprucht. Anklagevertreter Alan Tiger kündigte an, frühestens Ende des Monats eine überarbeitete Anklage vorzulegen, und handelte sich deshalb deutliche Kritik des Vorsitzenden Richters ein. Chefankläger Serge Brammertz hatte diese Überarbeitung schon vor vier Wochen angekündigt. Der Vorsitzende zeigte wenig Verständnis dafür, dass die Anklagevertreter in diesem seit langem vorbereiteten Verfahren jetzt so viel Zeit benötigten.

Karadzic trat am Freitag alleine auf und bekräftigte, dass er von seinem Recht auf einen Anwalt keinen Gebrauch machen werde. „Ich werde mich selbst verteidigen“, sagte der 63-Jährige. Außerdem kündigte er an, ein Team von Rechtsberatern zusammenzustellen, das ihn unterstützen soll. Dem früheren bosnischen Serbenführer werden insgesamt elf Anklagepunkte zur Last gelegt, darunter Kriegsverbrechen und Völkermord im Bosnien-Krieg von 1992 bis 1995. Er gilt als Hauptverantwortlicher für das Massaker von Srebrenica, bei dem 1995 fast 8000 bosnische Muslime getötet wurden.

Der 63-Jährige erkennt die Rechtmäßigkeit des Verfahrens gegen ihn nicht an und behauptet, die USA hätten ihm Straffreiheit im Gegenzug für seinen politischen Rückzug versprochen. „Dieses Gericht stellt sich fälschlicherweise als Gericht der internationalen Gemeinschaft dar, ist aber tatsächlich ein Gericht der Nato“, sagte Karadzic. AFP/dpa

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