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Neue Familie? Seit 2008 ist das nach der Scheidung leichter geworden. Foto: dpa

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Politik: Karlsruhe: Wieder mehr Geld für Ex-Frau

Verfassungsrichter sehen Nachteile beim Unterhalt

Karlsruhe/Berlin - Das Bundesverfassungsgericht hat die Stellung geschiedener Ehegatten im Unterhaltsrecht gestärkt und den Bundesgerichtshof für dessen bisher genutzte Berechnungsmethode kritisiert. Im Ergebnis dürften Ehegatten, deren Ex-Partner erneut geheiratet hat, wieder mehr Geld bekommen.

Seit Anfang 2008 gilt ein reformiertes Unterhaltsrecht. Ziel war, die Eigenverantwortung der Partner zu stärken und das Kindeswohl besser zu berücksichtigen. „Zweitfamilien“ sollten wirtschaftlich entlastet werden, während für geschiedene Partner, die unterhaltsberechtigt sind, Einbußen vorgesehen waren. Unverändert blieb indes der Grundsatz der Berechnung: „Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen.“

Im Sommer 2008 entwickelte der Bundesgerichtshof auf dieser Grundlage erstmals eine neue Rechtsprechung. Die Unterhaltsansprüche des ersten und des zweiten Ehegatten seien vergleichbar, deshalb müssten auch die Einkünfte des neuen Partners in die Berechnung einbezogen werden. Der Unterhaltsbedarf des geschiedenen Ehegatten, häufig der Frau, sei daher zu ermitteln, indem dessen bereinigte Einkünfte ebenso wie diejenigen des Unterhaltspflichtigen und seines neuen Ehepartners zusammengefasst und durch drei geteilt würden, die sogenannte Dreiteilungsmethode.

Das Rechenexempel war umstritten. Befürworter sagten, die Berechnung nach „wandelbaren Lebensverhältnissen“ würde der Lebenswirklichkeit besser gerecht als eine strikt an den ehelichen Lebensverhältnissen ausgerichtete Bedarfsbestimmung. Kritiker monierten, der BGH verabschiede sich damit vom Wortlaut des Gesetzes, das sich an den Verhältnissen in der Ehe orientiere. „Konsequenz dieser Rechtsprechung ist, dass der geschiedene Ehegatte infolge der neuen Bedarfsermittlungsmethode regelmäßig weniger, selten dasselbe, nie aber mehr erhält als im Wege einer nach den ehelichen Lebensverhältnissen bestimmten Berechnung“, hielt das Bundesverfassungsgericht jetzt in seinem Beschluss fest (1 BvR 918/10 ). Dem Bundesgerichtshof werfen die Verfassungshüter vor, einen „Systemwechsel“ vollzogen zu haben, der die „gesetzgeberische Grundentscheidung durch eigene Gerechtigkeitsvorstellungen ersetzt“. Die Beschwerdeführerin war 24 Jahre verheiratet. Zunächst betrug ihr Unterhalt 618 Euro, der nach der neuen Methode auf 488 Euro reduziert wurde. Ihr sei der Anspruch „in einem vom Gesetzgeber nicht vorgesehenen Maße verkürzt“ worden, so die Richter, die einen Anspruch von 761 Euro für gerechtfertigt halten.

Im Justizministerium war die Reaktion verhalten. Sie wolle prüfen, ob bei der Reform „Effekte aufgetreten sind, die nicht beabsichtigt waren“, erklärte Ministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). „Insbesondere bei sogenannten Altehen höre ich immer wieder, dass beim Unterhalt die Dauer der Ehe oft nicht angemessen berücksichtigt wird.“ Ehegatten aus langer Ehe sei ein besonderer Vertrauensschutz eingeräumt worden. Nur der Gesetzgeber könne entscheiden, ob die neue Ehefrau bei der Unterhaltsbemessung noch stärker berücksichtigt werden soll als bisher.

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