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Politik: KARSAI

Die USA werfen ihm „Undankbarkeit“ vor. Der frühere Nato-Kommandeur in Afghanistan, John R.

Die USA werfen ihm „Undankbarkeit“ vor. Der frühere Nato-Kommandeur in Afghanistan, John R. Allen, nennt sein Verhalten gar einen „Affront“. Es ist nicht das erste Mal, dass Hamid Karsai mit den USA über Kreuz liegt. Doch diesmal pokert Afghanistans Präsident hoch. Es geht um nichts Geringeres als die Zukunft seines Landes und seine eigene.

2014 ist ein Schicksalsjahr für das Krisenland. Bis Ende des Jahres will die Nato ihre Kampftruppen abziehen, und Kabul muss sich aus eigener Kraft gegen die Taliban verteidigen. Aber es ist auch ein Schicksalsjahr für Karsai. Nach zwölf Jahren tritt der 56-Jährige ab. Im April sind Präsidentenwahlen, und laut Verfassung darf er kein drittes Mal kandidieren.

Im Dezember 2001 hatten die USA ihn nach dem Sturz der Taliban an die Spitze gehievt. Heute ist sein Verhältnis zu seinen alten Gönnern vergiftet. Je schlechter der Krieg lief, je störrischer der stolze Paschtune sich zeigte, desto mehr wurde er zum Prügelknaben. „Ich traue ihnen nicht. Und sie trauen mir nicht“, sagt er heute offen über die USA. Wie zerrüttet die Beziehungen sind, offenbart der Streit um den Sicherheitspakt. Dieser soll den USA erlauben, mindestens noch zehn Jahre Soldaten am Hindukusch zu stationieren und Basen zu unterhalten. Doch Karsai zögert und zaudert, den Deal zu unterschreiben.

Die USA verlieren die Geduld. Sie drohen mit der „Zero Option“, dem Komplettabzug. Dabei weiß auch Karsai, dass ohne die Hilfe des Westens die Taliban weite Teile des Landes zurückerobern dürften. Ohne ausländisches Geld kann Kabul nicht mal die Soldaten bezahlen, die die Regierung schützen sollen.

Aber für Karsai geht es um sein historisches Vermächtnis. Der Deal ist sein letztes Unterpfand, um Druck auszuüben. Er will nicht als „Marionette der USA“in Erinnerung bleiben, sondern als ein starker Führer, der den Weg für den Abzug des Westens und den Frieden mit den Taliban frei machte.

Ob ihm das gelingt, ist offen. Derzeit scheint Karsais Zukunft ähnlich ungewiss wie die seines Landes. Er sagt, er wolle seinen Ruhestand mit Frau und Sohn in Afghanistan verbringen. Aber ist er da sicher? Nicht nur die Taliban trachten ihm nach dem Leben. Bisher hat Karsai nur überlebt, weil er sich hinter den hohen Mauern des Präsidentenpalastes verschanzen konnte.

Viel wird davon abhängen, wer sein Nachfolger wird und ob dieser für Karsais Sicherheit einsteht. Als Favoriten werden die beiden früheren Minister Abdullah Abdullah und Ashraf Ghani gehandelt, die beide als US-nah gelten. Karsai selbst soll Ex-Außenminister Zalmay Rassoul bevorzugen. In den USA wird der scheidende Präsident wohl im Ernstfall kaum Asyl suchen, eher schon in Indien, wo er auch als junger Mann studiert hat. Anders als der Westen nennt Delhi ihn einen Freund.Christine Möllhoff

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