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Politik: Kassen sollen mehr erstatten

Patientenbeauftragte: Für nicht verschreibungspflichtige Arznei

Berlin. Die Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Helga Kühn-Mengel, möchte mehr Ausnahmen bei der Erstattung nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel. Diese Medikamente werden nach einem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses von den Krankenkassen nur noch erstattet, wenn sie als Standardtherapie bei schweren Krankheiten anerkannt sind. Bei bestimmten Patientengruppen gebe es aber noch Handlungsbedarf, sagte Kühn-Mengel dem Tagesspiegel und nannte Neurodermitis-, Diabetes- und Krebspatienten. Erst kürzlich hatte der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte eine „erhebliche Mangelversorgung chronisch-kranker Jugendlicher“ beklagt. Viele Eltern allergiekranker Kinder über zwölf Jahre – Jüngeren wird weiterhin auch die nicht verschreibungspflichtige Arznei erstattet – könnten sich die oft teuren Mittel zur Allergielinderung nicht leisten.

Auch die Kriterien für Fahrtkostenerstattung müssten bei der vorgesehenen Überprüfung am Jahresende auf den Tisch, so Kühn- Mengel. Es gebe hier „Grenzfälle, bei denen mehrere Handikaps zusammenkommen“. Wenn jemand gleichzeitig geh- und sehbehindert ist, könne er oft keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr benutzen – obwohl der Grad der jeweiligen Behinderung nicht ausreicht, um die Taxifahrt zum Arzt erstattet zu bekommen. Auch aus dieser Not heraus sei die Zahl der Anträge auf Schwerbehinderung bei den Versorgungsämtern der Länder so angestiegen. Medienberichten zufolge verzeichneten sie seit Januar einen Antragsanstieg von im Schnitt mehr als 40 Prozent.

Kritik übte die Patientenbeauftragte an der Bürokratie, mit der manche Krankenkassen Anträge auf Erstattung oder Zuzahlungsbefreiung garnieren. In einigen Formularen würden Fragen gestellt, „die überhaupt nicht sachdienlich sind und nur zu zeitlichen Verzögerungen führen“, sagte Kühn- Mengel. So werde etwa gefragt, ob Patienten der Pflegestufe Drei noch Auto fahren könnten. Auch die Frage, ob jemand Raucher ist, verbiete sich in diesem Zusammenhang. Kühn-Mengel: „Offenbar schwingt darin die Haltung mit, dass sich jemand, der sich Zigaretten leistet, auch ein Taxi zum Arzt leisten kann.“

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