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Gefeiert von seinen Anhängern: Carles Puigdemont nach seiner Pressekonferenz in Berlin

© AFP/John Macdougall

Update

Katalanischer Separatistenführer: Puigdemont bleibt vorerst in Berlin

Kataloniens Ex-Regionalchef Puigdemont äußert sich nach der Freilassung aus deutscher Haft - und wird von Anhängern gefeiert. Spaniens Justiz gibt sich nicht geschlagen.

Der katalanische Ex-Präsident Carles Puigdemont will bis zum Abschluss des Verfahrens in seinem Fall in Berlin bleiben. Er betrachte es als seine Pflicht, hierzubleiben und den Behörden zur Verfügung zu stehen, sagte Puigdemont am Samstag bei einer Pressekonferenz in Berlin. Wenn das Verfahren abgeschlossen sei, wolle er nach Belgien zurückkehren.

Zugleich forderte Puigdemont auf einer Pressekonferenz eine internationale Vermittlung im Konflikt um die Zukunft Kataloniens. Die spanische Zentralregierung rief er zu Dialogbereitschaft und „Respekt für die Demokratie“ auf. „Ich glaube, das Land braucht jemanden, der als Vermittler auftritt“, sagte er und nannte als Möglichkeit Staaten oder internationale Organisationen. Der Konflikt müsse mit „politischen Werkzeugen“ gelöst werden. Nötig und dem Gesetz entsprechend sei auch die Bildung einer Regionalregierung Kataloniens.

Puigdemont hatte am Tag nach seiner Freilassung aus der Haft in Neumünster am Kottbusser Tor in Berlin-Kreuzberg zu einer Pressekonferenz gebeten, im dort gewählten Veranstaltungsort waren zuletzt türkische und kurdische Exiloppositionelle aufgetreten. Mehr als 150 Journalisten warteten schon lange vor Beginn des Termins auf Puigdemont, mehr als die Hälfte davon aus Spanien. Nach der Pressekonferenz wurde Puigdemont, auch wenn das kitschig klingt, von wohl 200 wartenden Anhängern gefeiert wie ein Popstar.

Nicht Finnland oder Dänemark - erst Deutschland nahm Puigdemont fest

Nach fast zwei Wochen in der Justizvollzugsanstalt Neumünster war der erst kürzlich erneut in das Regionalparlament von Barcelona gewählte Katalane, 55 Jahre, am Donnerstag unter Auflagen auf freien Fuß gesetzt worden. Puigdemont war am 25. März in Schleswig-Holstein kurz hinter der dänischen Grenze festgenommen worden, weil Spanien einen Europäischen Haftbefehl erwirkt hatte.

Anlass ist das von der Zentralregierung vom spanischen Verfassungsgericht untersagte Referendum vom 1. Oktober 2017. Damals ging die paramilitärische Bundespolizei gegen Wähler in Katalonien vor. Nach der als für illegitim erklärten Abstimmung erklärte Puigdemont die Eigenstaatlichkeit. Weil die Zentralregierung in Madrid daraufhin die Zwangsverwaltung erklärte und Unabhängigkeitsaktivisten festnehmen ließ, floh Puigdemont nach Belgien. Sowohl dort, als auch in Finnland, der Schweiz und Dänemark ließ man in unbehelligt - es waren deutsche Behörden, die von spanischen Stellen auf die Autoroute Puigdemonts aufmerksam gemacht wurden, die in seiner Festnahme endete.

Binnen zwei Jahren wird Puigdemont zum Politstar

Das Oberlandesgericht Schleswig hat den Auslieferungshaftbefehl derweil nur unter Auflagen ausgesetzt. Dazu gehörte unter anderem 75.000 Euro Kaution, zudem darf Puigdemont Deutschland nicht verlassen. Das Gericht hatte, grob vereinfacht, nur den Vorwurf der Untreue (offenbar wegen Steuergeldern für Puigdemonts separatistische Politik) als Grund anerkannt - und den von Madrid vorgebrachten Vorwurf der “Rebellion” nicht.

Nun könnte Puigdemont in Spanien auch nur noch wegen Untreue angeklagt werden, sollte er von Deutschland auf der Grundlage des Europäischen Haftbefehls doch ausgeliefert werden. Dies geht auf eine EU-Regelung zurück. In Spanien plant die Justiz nun den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg einzuschalten.

Aus Carles Puigdemont ist in nicht mal zwei Jahren ein Politstar, ja ein internationales Politikum geworden. Der einstige Journalist stieg als politischer Quereinsteiger zügig auf: Puigdemont wurde im Dezember 1962 im Dorf Amer als Sohn eines Bäckereibetreibers geboren, studierte Philologie, reiste viel, auch auf den Balkan, um die dort um Eigenstaatlichkeit kämpfenden Nationen Jugoslawiens zu studieren.

Interessanterweise gestand die deutsche Bundesregierung dort allen Nationen eigene Staaten zu. Erst 2016 wurde Puigdemont katalanischer Regierungschef. Damals wählten Bürgerliche, Sozialisten und Linksradikale ihn, der selbst ein Sozialliberaler ist, zum Regionalpräsidenten. Vor einigen Monaten wurde er trotz Exils im Amt bestätigt. Ob und wie er nun Politik zu machen gedenkt, dürfte er in Kreuzberg verkünden wollen. (mit dpa)

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