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Politik: Katholikentag: Auf der Suche nach der frohen Botschaft: die Basis will sich nicht mit dem Reformstau abfinden

Leo Schwarz hat verstanden: "Unsere Leute machen Dampf", bilanzierte der Trierer Weihbischof die stürmische Diskussion in der mit 1500 Leuten vollbesetzten Halle 6 auf dem Hamburger Messegelände. Priestermangel, verwaiste Gemeinden, Machtanspruch der Amtsträger, Diskussionsverbote, Angst, Verzagtheit: Der innerkirchliche Problem- und Fragenstau ist gewaltig und verschaffte sich am Freitag auf dem Katholikentag energisch Luft.

Leo Schwarz hat verstanden: "Unsere Leute machen Dampf", bilanzierte der Trierer Weihbischof die stürmische Diskussion in der mit 1500 Leuten vollbesetzten Halle 6 auf dem Hamburger Messegelände. Priestermangel, verwaiste Gemeinden, Machtanspruch der Amtsträger, Diskussionsverbote, Angst, Verzagtheit: Der innerkirchliche Problem- und Fragenstau ist gewaltig und verschaffte sich am Freitag auf dem Katholikentag energisch Luft.

In einem waren sich die Teilnehmer des Forums "Gemeinden im Aufbruch" einig: Noch nie seit der Reformation gab es in Deutschland einen solch tiefen innerkirchlichen Umbruch, wie heute. Und die Antworten aus Rom dazu "sind nicht sehr zufriedenstellend", musste Bischof Leo Schwarz einräumen. Er plädierte für ein neues Konzil, um mit den epochalen Herausforderungen fertig zu werden.

Die Krise - ein Leitungsproblem

Vor allem Pfarrer müssten lernen, Verantwortung abzugeben, erläuterte Bruno Ernsperger, Gemeindeberater in der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Aus seiner Sicht ist die Krise der Gemeinden "überwiegend ein Leitungsproblem". Denn die Kirche sei viel zu stark auf das Priesteramt zugeschnitten und werde vom Priesteramt her gestaltet. Zwar würden Laien wegen der Personalknappheit vor Ort als "Notlösungen" akzeptiert. Andere, die das Zeug hätten, Gemeinden zu leiten, kommen gar nicht erst zum Zuge. "Doch im Zweifelsfall entscheidet immer der für einen Pfarrverbund zuständige Geistliche", weiß Walter Bayerlein zu berichten, Vizepräsident des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken. Das Stück "Alles bleibt in einer Hand" sei heute unspielbar geworden, weil "die Regie nicht mehr stimmt". Der Flickenteppich in der Seelsorge sei nur entstanden, "weil wir Gott nicht zutrauen, auch Verheiratete zum Priestern zu berufen". Mit Blick auf die Frauen fügte er hinzu, es sei nicht mehr vermittelbar, warum die Hälfte der Gläubigen von vorneherein "keine priesterliche Berufung leben darf".

Dem pflichtete mit Nachdruck der baden-württembergische Ministerpräsident Erwin Teufel bei. Auf dem Podium "Zeit für einen neuen Anfang" betonte er, es sei überfällig, dass die katholische Kirche die grundlegende Gleichheit aller Menschen verwirkliche und den Frauen nicht nur niedere Dienste einräume, sondern auch Vollmachten zugestehe. "Das Diakonat der Frau ist nicht nur Anliegen der feministischen Theologie, sondern der Kirche, welche Frauen für die Diakonie und die Verkündigung dringend braucht", sagte der CDU-Politiker.

"Gewäsch, das keiner versteht"

Die von Männern geprägte Kirchensprache sei zudem hohl, floskelhaft und unverständlich, kritisierte der Talkmaster und evangelische Pfarrer Jürgen Fliege. Üblich sei ein "Gewäsch, das keiner mehr versteht". Niemand begreife mehr, was Worte wie "frohe Botschaft" oder "Reich Gottes" heute bedeuten könnten. Rüdiger Kerls-Kreß, Vorsitzender des Bundesverbandes der Gemeindereferenten, ergänzte, die Kirchensprache wende sich vor allem an die Alten, Kranken, Trauernden und Hilflosen. Grund dafür sei ein veraltetes Gottesbild, welches den Menschen als "hilfs- und erlösungsbedürftig" definiere.

Pastorale Aufgabe sei es, mit den Menschen eine Sprache des Glaubens zu entwickeln, etwa bei einer Taufvorbereitung oder einem Todesfall. "Auch Jesus hat so gesprochen, dass die Leute ihn sofort verstanden haben", sagte Kerls-Kreß. Eine klare Sprache gegenüber Rom fordert auch ZdK-Vize Walter Bayerlein von den deutschen Oberhirten. Es reiche nicht, wenn sie hinter vorgehaltener Hand sagten, wo ihnen der Schuh drückt. "Wenn die deutschen Bischöfe in Rom mehr als Verstärker ihres Volkes aufträten und weniger als Schalldämpfer, dann wären wir schon ein gutes Stück weiter."

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