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Allein unter Bischöfen. Ute Eberl leitet die katholische Familienseelsorge im Erzbistum Berlin und ist bei der Bischofs-Synode in Rom dabei.

© Wetzler

Katholische Kirche diskutiert über Ehe und Sexualität: „Kontroverse Debatten wie nie“ Seelsorgerin Ute Eberl über die Ehe-Synode

Frau Eberl, bis Samstag tagt in Rom die Bischofssynode zum Thema Ehe, Familie und Sexualität. Sie sind eine der wenigen Frauen und Laien, die an den Beratungen teilnehmen dürfen.

Frau Eberl, bis Samstag tagt in Rom die Bischofssynode zum Thema Ehe, Familie und Sexualität. Sie sind eine der wenigen Frauen und Laien, die an den Beratungen teilnehmen dürfen. Kommen Sie sich merkwürdig vor unter all den schwarz gewandeten Geistlichen?

Es ist schon eine andere Welt. Und wenn ich die Treppe von der Synodenhalle im Vatikan hinuntergehe, muss ich aufpassen, dass ich keinem Bischof auf die Soutane trete.

Mit welchen Erwartungen sind Sie nach Rom gekommen?

Ich war im Erzbistum Berlin für die Fragebogenaktion zuständig, mit der Papst Franziskus weltweit die Einstellung von Katholiken zu diesem Thema erfragte. Mich hat nicht überrascht, dass die Antworten eine große Kluft zur katholischen Lehre gespiegelt haben. Mich hat das Selbstbewusstsein überrascht, mit dem die Menschen zu ihrem Leben stehen. Mich hat gefreut, dass allein erziehende Mütter und Väter, geschieden Wiederverheiratete und Patchworkfamilien sagen: Wir gehören zur Kirche!

Haben Sie das den Bischöfen gesagt?
Ich bin ja als „Hörerin“ eingeladen, nicht als Mitglied der Synode. Ich hatte vier Minuten Zeit für mein Statement. Ich habe gesagt: Lasst uns zuerst ins Wohnzimmer der Menschen sehen, bevor wir in ihr Schlafzimmer schauen. Im Wohnzimmer erfahren wir von ihren Ängsten, Freuden und Traurigkeiten. Und darauf kommt es an, wenn wir als Kirche näher bei den Menschen sein wollen. Lebensentwürfe sind brüchiger geworden. Wenn ich da mit erhobenem Zeigefinger herumfuchtle, werde ich nicht ernst genommen.

Wie sind die Debatten verlaufen?
Sehr kontrovers. Erfahrene Synodenväter sagen: So kontrovers wie nie. Da wird hart gerungen um die Frage, ob alles beim Alten bleiben soll oder ob neue Entwicklungen denkbar sind. Noch ist nicht absehbar, welche Seite sich durchsetzt.

Viele Katholiken in Deutschland erhoffen sich einen anderen Umgang mit den Geschiedenen, die in zweiter Ehe leben. Sie sind nach der Lehre von den Sakramenten ausgeschlossen. Wie stehen die Chancen?
Es ist zu spüren, dass sich da etwas entwickelt. Das lässt sich auch nicht mehr zurückdrehen. Denn nicht nur in Europa scheitern Ehen. Das wurde sehr deutlich auf der Synode. Auch in Südamerika fallen ganze Familienverbände auseinander. Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat sich in seinem Referat auf der Synode sehr differenziert dafür stark gemacht, dass man wiederverheiratete Geschiedene nach Prüfung im Einzelfall zu den Sakramenten zulässt.

Hat er Zustimmung bekommen?
Na ja, es ist nicht so, als würden hier alle klatschen. In der zweiten Woche haben wir in kleinen Gruppen diskutiert. Auch da wurde klar, dass keinesfalls alle in eine Richtung schauen.

Wird auch über gleichgeschlechtliche Partnerschaften diskutiert?
Das Thema Homosexualität wurde von vielen Bischöfen angesprochen – mit großem Fragezeichen. Die Debatte ist aus verschiedenen kulturellen Blickwinkeln beleuchtet worden. Die Vielfalt in der Kirche ist sehr groß. Manche fragen sich, ob es überhaupt noch Antworten geben kann, die für alle gültig sind.

Mit welchem Gefühl reisen Sie zurück?
Ich habe mich sehr über den Zwischenbericht von Montag gefreut. „Die Kirche betrachtet die Welt mit Sympathie“, steht da zum Beispiel. Das ist ein neuer Ton und der Perspektivwechsel, den ich mir wünsche. Was Homosexuelle angeht, werden die Gemeinden aufgefordert, hinzuschauen und hinzuhören, welche Gaben diese Menschen mitbringen.

Wie haben die Konservativen reagiert?

Manche Bischöfe fragen völlig irritiert: Ja gibt’s denn gar keine Sünde mehr? Das ist eine gute Frage, und man muss sie ernst nehmen. Ich denke: Natürlich wird es immer Sünder geben. Aber der Blick ins Schlafzimmer hilft halt nicht weiter.

Ist zu erkennen, wohin Franziskus tendiert?
Für mich nicht. Er hört zu, manchmal macht er sich Notizen. In den Pausen verteilt er Kekse und spricht mit den Teilnehmern. Er hat am Anfang erklärt, dass er eine ernsthafte Debatte haben möchte. Die würde er abwürgen, wenn er frühzeitig zu erkennen geben würde, in welche Richtung er neigt.

Das Gespräch führte Claudia Keller.

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