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Kaukasus: Dutzende Tote bei Rebellenangriff

Bei schweren Gefechten zwischen islamistischen Rebellen und Sicherheitskräften in der russischen Teilrepublik Kabardino-Balkarien sind mindestens 44 Menschen ums Leben gekommen.

Moskau - Die Rebellen griffen die Stadt Naltschik massiv an und forderten damit die Staatsmacht unter Präsident Wladimir Putin heraus. Bei den stundenlangen Kämpfen um Gebäude des Sicherheitsapparates in der nordkaukasischen Stadt gab es Dutzende von Toten und rund 90 Verletzte. Die Angaben über die Zahl der Toten gingen jedoch stark auseinander. Laut Vize-Generalstaatsanwalt Nikolai Kolesnikow wurden zwölf unbeteiligte Zivilisten, zwölf Sicherheitsbeamte sowie mehr als 20 Rebellen getötet. Vize-Innenminister Alexander Tschekalin sprach in einem Bericht für Putin dagegen von mehr als 50 toten Extremisten. Putin ordnete im Kreml an, die bewaffneten Angreifer zu erschießen.

«Die Angreifer wollten ihr Potenzial zeigen und den Staat zwingen, seine Ohnmacht einzugestehen», sagte Staatsanwalt Kolesnikow. «Wir haben aber genügend Kräfte für die Aufgabe, die uns bevorsteht.» Nach seinen Angaben wurden zwölf Rebellen lebendig gefasst. Er bezifferte die Zahl der Angreifer auf insgesamt 80 bis 100, während die Regierung der betroffenen Teilrepublik Kabardino-Balkarien von bis zu 200 Rebellen sprach. Die Region gilt seit langem als Rückzugsgebiet tschetschenischer Kämpfer.

Mehrere Terroristen hielten sich nachmittags noch mit Geiseln im Polizeirevier Nr. 3 und einem Laden im Stadtzentrum von Naltschik verschanzt. Zwei Frauen sei die Flucht gelungen, als die Terroristen ihre Gebete verrichteten, berichteten russische Medien. Angaben über eine Geiselnahme in einer Schule wurden dementiert. Etwa 90 Verletzte seien in Krankenhäuser gebracht worden, teilten die Behörden mit.

Wie bei dem Rebellenüberfall auf die Teilrepublik Inguschetien im Juni 2004 griffen die Bewaffneten auch diesmal gezielt Gebäude des Sicherheitsapparates an. Es gab Attacken auf Polizeireviere, das Militärkommando, die örtliche Filiale des Inlandsgeheimdienstes FSB sowie einen Waffenladen und den Flughafen. «Es waren genau geplante und synchronisierte Angriffe», sagte ein Polizeisprecher der Nachrichtenagentur Itar-Tass. In Inguschetien hatten die Rebellen 2004 fast 100 Angehörige des Sicherheitsapparates ermordet.

Die Angreifer gehörten zur islamistischen Untergrundgruppe «Jarmuk», sagte der erst vor einem Monat eingesetzte Präsident von Kabardino-Balkarien, Arsen Kanokow. Die Organisation hatte bei einem Überfall auf die Drogenpolizei in Naltschik im Dezember 2004 vier Polizisten getötet und mehr als 250 Handfeuerwaffen erbeutet. Die damaligen Drahtzieher Ansor Astemirow und Iless Gotschchanow seien für den Überfall vom Donnerstag verantwortlich, sagte Kolesnikow.

In der 300 000 Einwohner zählenden Stadt Naltschik herrschte über Stunden blutiges Chaos, die Behörden hatten keinen Überblick über die Lage. Den Berichten nach griffen die in Gruppen aufgeteilten Rebellen morgens zunächst eine Kaserne von Grenzsoldaten und den Flughafen an. Nach den Straßenkämpfen mit Schusswaffen und Granaten versuchten die Rebellen, sich Autos zu verschaffen und in die Berge zu flüchten.

Im Internet übernahmen tschetschenische Rebellen aus dem Umfeld des Terroristenanführers Schamil Bassajew die Verantwortung. Ausgehend von Tschetschenien ist die Lage in der Vielvölkerregion Nordkaukasus in den vergangenen Jahren instabiler geworden. Armut und Arbeitslosigkeit sowie die Korruptheit der örtlichen Führungen tragen dazu bei. In Beslan in Nordossetien überfielen Terroristen im September 2004 eine Schule, wobei 331 Geiseln starben. In Dagestan am Kaspischen Meer verüben religiöse Extremisten fast täglich Anschläge gegen die Sicherheitsbehörden. (tso/dpa)

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