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Sarkozy EU

© AFP

Kaukasus-Konflikt: EU vermeidet Bruch mit Moskau

Die europäische Union legt das Partnerschaftsabkommen mit Russland auf Eis und verspricht Georgien mehr Hilfe. Auf handfeste politische und wirtschaftliche Sanktionen gegen Moskau verzichtete die EU.

Jean Claude Juncker, in der Runde der EU-Regierungschefs ein alter Hase, hatte das Schlupfloch gefunden, noch bevor der Kaukasus-Sondergipfel in Brüssel überhaupt begonnen hatte: Der politisch mit allen Wassern gewaschene Premierminister des Großherzogtums Luxemburg wies schon am Vorabend bei „Anne Will“ in der ARD den Weg, wie die 27 Staats- und Regierungschefs am Montag in Brüssel ihre politischen Gegensätze überbrücken und nach außen ein Bild der Einigkeit demonstrieren könnten: nicht Sanktionen gegen Russland, sondern mehr Hilfe für Georgien.

Mit Finanz- und Wirtschaftshilfe konnten nämlich alle einverstanden sein. Dagegen hatten sich noch am Wochenende die Europäer über ihre politische Antwort auf die Invasion der russischen Armee in Georgien alles andere als einig gezeigt. Während die Regierungen der drei baltischen Staaten und Polens, aber auch der britische Premierminister Gordon Brown eine harte Reaktion forderten, warnte Bundesaußenminister Steinmeier vor einem Rückfall in den Kalten Krieg. Auch andere Regierungschefs in der Runde der 27 setzten am Montag auf eine Mischung von rügenden, aber folgenlosen Worten und diplomatischer Geschmeidigkeit. Italien und Spanien signalisierten am Montag sehr früh Einverständnis: Worte ja, Taten nein. Stattdessen Hilfe für Georgien und – eventuell – auch Zugeständnisse an die Nachbarn der Russen wie die Ukraine, die durch den politischen Kälteeinbruch im Osten beunruhigt sind.

Alle in der Runde der 27 waren sich am Montag jedoch bewusst, dass sie es mit einem Energielieferland zu tun haben, das rund ein Viertel des in der EU jährlich benötigten Öl und Gases liefert. Zudem ist Russland inzwischen der drittgrößte Handelspartner der EU. Tatsächlich jedoch ist die Abhängigkeit gegenseitig. „Russland braucht die EU mindestens genauso dringend wie die Europäer Russland“, gibt ein Brüsseler Diplomat zu bedenken. Der Anteil Russlands am Weltmarkt beträgt gerade mal zwei Prozent. Die EU dagegen kontrolliert mehr als die Hälfte des Welthandels.

Am Montag jedoch folgte die Mehrheit der Regierungschefs dennoch dem weichen diplomatischen Kurs, der in Paris und Berlin entworfen wurde. Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy, in diesem Halbjahr EU-Ratsvorsitzender, brachte gemeinsam mit Angela Merkel, die vor allem in Warschau Überzeugungsarbeit geleistet hatte, die Polen dazu, auf harte wirtschaftliche und politische Sanktionen zu verzichten. Stattdessen gaben sie sich wie der Rest der Gipfelrunde mit Hilfsversprechungen für Georgien zufrieden – darunter auch Einreiseerleichterungen. „Gegenwärtig können nämlich“, so monierte der Außenpolitiker Elmar Brok, „moskautreue Abchasier, denen die russischen Behörden großzügig russische Pässe ausstellen, leichter einreisen als Georgier.“

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