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Angela Merkel und Dimitri Medwedew.

© dpa

Kaukasus-Konflikt: Medwedew lässt sich von Merkel nicht beirren

"Wir werden auch in Zukunft so antworten, wie wir geantwortet haben", betonte der russische Präsident Dimitri Medwedew nach dem Treffen mit Angeka Merkel. Bei dem Gespräch traten deutliche Differenzen zutage.

Russland bleibt im Kaukasus-Konflikt auch nach dem Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf Kollisionskurs mit dem Westen. "Wenn unsere Friedenstruppen und unsere Bürger angegriffen werden, werden wir auch in Zukunft so antworten, wie wir geantwortet haben", stellte der russische Präsident Dmitri Medwedew am Freitag nach einem Treffen mit Merkel in der Schwarzmeerstadt Sotschi unmissverständlich klar. Die Kanzlerin forderte den vollständigen russischen Truppenabzug aus dem Kerngebiet Georgiens und die territoriale Integrität des Landes. Zudem verlangte sie eine stabile Lösung der jahrzehntelang ungelösten Konflikte im Kaukasus. Merkel bezeichnete den Kriegseinsatz Russlands als unverhältnismäßig.

Bei dem Besuch traten deutliche Differenzen zwischen Russland und Deutschland und eine Eintrübung des Verhältnisses zutage. Die Kanzlerin kritisierte das Vorgehen Russlands in Georgien, während der russische Präsident dies auf der gemeinsamen Pressekonferenz verteidigte. "Ich habe von meiner Seite die politische Botschaft gesagt, dass ich die Antwort Russlands (...) zum Teil für unverhältnismäßig gehalten habe", sagte Merkel. Medwedew hielt dagegen: "Das war angemessen und nötig, um die Sicherheitsinteressen unserer Staatsbürger zu schützen.

Merkel fordert Anerkennung des Staatsgebiets von Georgien

Die Kanzlerin sprach sich für eine rasche Umsetzung des Sechs-Punkte-Friedensplans der EU für Georgien aus: "Das muss jetzt in aller Schnelle durchgesetzt werden." Die eingefrorenen Konflikte dürften nicht auf die lange Bank geschoben werden. Sie forderte die Anerkennung des Staatsgebiets von Georgien, Verhandlungen mit der gewählten Regierung in Tiflis und "Respekt" vor Entscheidungen des Landes etwa für eine NATO-Kooperation. Merkel verlangte den Einsatz internationaler Beobachter in Georgien, um eine "objektive Beurteilung" zu ermöglichen. Einig waren sich beide, dass der Kaukasus-Konflikt das Verhältnis zwischen der EU und Russland nicht dauerhaft belasten dürfe.

Medwedew sah die russischen Friedenssoldaten als Sicherheitsgaranten im Kaukasus. "Russland wird auch in Zukunft die Sicherheit in der Region gewährleisten." Die Menschen in den georgischen Provinzen Abchasien und Südossetien wollten nicht in einem Staat mit Georgien leben. "Wir sind nicht gegen internationale Friedenstruppen", sagte er. Abchasen und Südosseten vertrauten aber nur russischen Friedenssoldaten.

Merkel fliegt am Sonntag nach Tiflis, um Saakaschwili zu treffen und ihn zur Unterzeichnung des Sechs-Punkte-Planes zu bewegen. Für die Bundesregierung steht die territoriale Integrität und Souveränität Georgiens außer Frage. Das Treffen zwischen Merkel und Medwedew in Sotschi war bereits vor mehreren Wochen vereinbart worden.

Georgien und Russland werfen sich gegenseitig Gräueltaten vor

Vor der Ankunft von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und US-Außenministerin Condoleezza Rice im Kaukasus haben sich Russland und Georgien gegenseitig Gräueltaten an der Zivilbevölkerung vorgeworfen. Der russische Botschafter in Berlin sagte der "Bild"-Zeitung, dass die Kanzlerin bei ihrem Treffen mit Russlands Präsident Dmitri Medwedew am Freitag in Sotschi Beweise für georgische Kriegsverbrechen in der abtrünnigen Provinz Südossetien erhalten werde. Georgiens Präsident Michail Saakaschwili, der Rice in Tiflis empfängt, beklagte, dass tausende russische Paramilitärs "plündernd und vergewaltigend" durch das Land zögen.

Botschafter Wladimir Kotenew sagte im "Bild"-Interview, dass die georgischen Truppen Frauen und Kinder ermordet, Kirchen voller Flüchtlinge angezündet und ganze Dörfer niedergewalzt hätten. "Wir können dafür konkrete Beweise vorlegen", sagte Kotenew weiter. Außerdem werde Medwedew Merkel vor einem zu großen Einfluss der osteuropäischen EU-Staaten auf die EU-Russland-Politik warnen. Das Treffen im Schwarzmeer-Ort Sotschi, wo Merkel ursprünglich die Sportstätten für die Olympischen Winterspiele 2014 besichtigen wollte, steht nach einer kurzfristigen Programmänderung im Zeichen der Georgien-Krise.

Washington: Russland muss seine Aggressionen einstellen

Saakaschwili sagte am Donnerstag, dass die russische Armee noch immer ein Drittel des georgischen Staatsgebiets kontrolliere. Nach Angaben des georgischen Innenministeriums rollten trotz des vereinbarten Rückzugs am Donnerstagabend rund 130 russische Panzerfahrzeuge weiter ins Landesinnere von Georgien vor. Die Kolonne habe in der Nähe der westgeorgischen Stadt Senaki Stellung bezogen. Georgien erneuerte vor dem International Gerichtshof (IGH) in Den Haag seine Klage gegen mutmaßliche russische Menschenrechtsverletzungen. Dabei beantragte Tiflis nach IGH-Angaben Dringlichkeitsmaßnahmen zum Schutz seiner Zivilbevölkerung.

Die US-Regierung erhöhte vor der Ankunft von Rice in Tiflis den Druck auf Moskau. Verteidigungsminister Robert Gates sagte, durch das russische Vorgehen im Kaukasus könnten die bilateralen Beziehungen "über die nächsten Jahre hinweg nachteilig" beeinflusst werden. Der Pentagon-Chef forderte Moskau auf, "sein aggressives Gebaren in Georgien" einzustellen.

Keine Schnelle Entscheidung im Sicherheitsrat

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon drückte in New York seine "tiefe Besorgnis" über die humanitäre Lage in den Krisengebieten aus. Die Konfliktparteien müssten den Zugang für Hilfsorganisationen sicherstellen. Durch die Gefechte wurden nach UN-Angaben rund 100.000 Menschen in die Flucht getrieben.

Russland stellte unterdessen eine rasche Einigung auf einen neuen UN-Resolutionsentwurfs zum Kaukusus-Konflikt in Aussicht. Es sollte möglich sein, einen Entwurf auf der Basis des EU-Friedensplans zügig in den Sicherheitsrat einzubringen, sagte der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin in New York. Am Montag hatte Russland einen ersten Resolutionsentwurf zum Kaukasus-Konflikt abgelehnt.

(dw/ml/AFP)

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