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Politik: Kaum einer mag Washingtons Mann Nach einer Umfrage im Irak ist selbst Saddam noch etwas beliebter

Meinungserhebungen im Irak, das waren bis zum Sturz Saddam Husseins höchst einseitige Angelegenheiten: Das Regime gab die Antworten vor – wie vor einem Jahr, als Saddam sich mit 100 Prozent der Stimmen ein letztes Mal bestätigen ließ. Jetzt ist alles anders.

Meinungserhebungen im Irak, das waren bis zum Sturz Saddam Husseins höchst einseitige Angelegenheiten: Das Regime gab die Antworten vor – wie vor einem Jahr, als Saddam sich mit 100 Prozent der Stimmen ein letztes Mal bestätigen ließ. Jetzt ist alles anders. Am Donnerstag stellte das private irakische Meinungsforschungsinstitut „Iraq Center for Research & Strategic Studies“ (ICRSS) eine Umfrage zur politischen Stimmung vor. Zwei Wochen lang waren dafür 1620 Iraker aus sieben Städten befragt worden.

Das Ergebnis ist eindeutig: Sahen kurz nach dem Sturz von Saddam Hussein noch 42,8 Prozent die ausländischen Streitkräfte im Land als Befreier an, sind es heute nur noch 14,8 Prozent. Selbst im ehemals autonomen kurdischen Nordirak, etwa in der Stadt Erbil, ist die Ablehnung der amerikanischen und britischen Truppen in der Bevölkerung von 6 auf 15 Prozent gestiegen. Und auch die Einstellung der Schiiten, die mehr als zwei Drittel der irakischen Bevölkerung stellen, hat sich dramatisch verändert: In Nadschaf, einer ihrer zwei heiligen Städte, begrüßten zunächst 52,8 Prozent die Amerikaner als Befreier; heute sind es nur noch 4,7 Prozent.

Bei der Frage, wer als Regierungschef das meiste Vertrauen genösse, errang der international weitgehend unbekannte Ibrahim al Jafaari, Mitglied des Regierungsrats, mit 12,4 Prozent die größte Zustimmung, während selbst Saddam mit 2,7 Prozent vor dem Wunschkandidaten des amerikanischen Verteidigungsministeriums, Ahmed Chalabi (1,1 Prozent), lag. Ebenfalls besser schnitten Ex-König Faisal, Ex-Diktator Qassem und Ajatollah Sadr ab. Sie haben etwas gemeinsam: Sie sind tot. „Den Lebenden traut man nicht“, glaubt ICRSS-Chef Saadoun al Duleimi.

Unterdessen berichtete der Fernsehsender Al Dschasira, US-Soldaten und Iraker hätten am Donnerstagmorgen südlich von Bagdad ein mit 50 Kilogramm Sprengstoff beladenes Fahrzeug abgefangen und damit möglicherweise einen Anschlag vereitelt.

Susanne Fischer[Bagdad]

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