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Kein Abschluss: Dialog soll nach Islamkonferenz weitergehen

Die Teilnehmer ziehen positive Bilanz der Islamkonferenz. Deshalb soll sie nach der Bundestagswahl ihre Arbeit fortführen. Auf eine gemeinsame Erklärung können sich die Muslime allerdings nicht einigen.

Die Deutsche Islamkonferenz soll auch nach der Bundestagswahl fortgesetzt werden. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte nach dem vierten und vorerst letzten Plenum der Konferenz am Donnerstag, alle Teilnehmer seien sich einig gewesen, „diesen Ansatz, wie auch immer, in den nächsten Jahren fortzusetzen“. Schäuble: „Wir haben mehr erreicht als wir erwartet haben. Wir müssen weitermachen.“ Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) und der Vorsitzende der Kultusministerkonferenz. Mecklenburg- Vorpommerns Ressortchef Henry Tesch (CDU) sprachen sich ebenfalls für die Fortsetzung der Konferenz aus.

Man müsse allerdings fragen, „ob sich vielleicht auch die Muslime an der Organisation beteiligen sollten“, ergänzte Axel Ayyub Köhler, der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, der zurzeit auch dem Koordinationsrat der Muslime vorsitzt, dem Gremium zu dem sich die vier größeren Verbände zusammengeschlossen haben. Kurz vor der letzten Plenarsitzung hatte ein prominentes Mitglied der Konferenz, der Kölner Schriftsteller Navid Kermani, Bedenken formuliert. Die Konferenz brauche Legitimierung; auch seine eigene Position als geladener Vertreter der nicht organisierten Muslime müsse „in Zukunft demokratisch begründet werden“, sagte er während einer Diskussion mit Nordrhein-Westfalens Integrationsminister Armin Laschet (CDU) in Düsseldorf.

Die Organisation der Islamkonferenz lag bisher ganz in der Hand des Bundesinnenministeriums und dem Nürnberger Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Minister Schäuble hatte die Konferenz im September vor drei Jahren auch ins Leben gerufen. Seit damals diskutierten 15 Muslime, Vertreter der Verbände ebenso wie nicht organisierte, mit 15 Vertretern von Bund, Ländern und Gemeinden. In drei Arbeitsgruppen – „Deutsche Gesellschaft und Wertekonsens“, „Religionsfragen im deutschen Verfassungsverständnis“, „Wirtschaft und Medien als Brücke“ – und einem Gesprächskreis zu Sicherheitsfragen waren zudem Sachverständige hinzugezogen worden.

Von Kopftuch bis Ghetto: Studie räumt mit Klischees auf

Zu einer gemeinsamen Stellungnahme der Muslime zu allen Arbeitskreisen, die das Bundesinnenministerium erwartet hatte, kam es nicht: Der Islamrat, einer der vier muslimischen Verbände, kritisierte in einer Stellungnahme die Schlusstexte vor allem der Wertekonsens-AG und des Gesprächskreises Sicherheit. Die Textvorlage des Ministeriums – die im übrigen fälschlicherweise als die der Muslime bezeichnet werde – operiere mit „unbestimmten Begriffen“. Es stelle sich die Frage, warum schlagwortartig von einer verbindlichen „Gesellschaftsordnung“ die Rede sei und „eindeutig bestimmte Begriffe wie Rechtsordnung und Verfassungsordnung relativiert werden“. Außerdem sah der Islamrat im Abschlusstext des Gesprächskreises Sicherheit einen Versuch, „ Muslime ohne konkreten Anlass als potentiell gefährlich“ einzustufen und damit Maßnahmen gegen alle Muslime zu rechtfertigen. Am Text der AG „Wertekonsens“ kritisierte man eine „durchgehende Problematisierung der muslimischen Religiosität als integrationshemmend“.

Minister Schäuble widersprach nach dem Plenum der Soziologin Necla Kelek, die ebenfalls Mitglied der Konferenz war. Sie hatte in einem Interview des „Kölner Stadt-Anzeigers“ gefordert, bei einer Wiederauflage der Konferenz die muslimischen Verbände nicht mehr einzuladen, sondern einen Sachverständigenrat zu bilden. Schäuble erklärte, ohne Kelek zu nennen, Fragen der islamischen Theologie seien nur „in Partnerschaft mit den islamischen Organisationen“ zu lösen.

Der Frankfurter Entwicklungsexperte Nassir Djafari, der ebenfalls als nicht organisierter Muslim an der Konferenz teilgenommen hatte, zeigte sich vor allem erfreut über die Daten, die eine neue Studie im Auftrag der Islamkonferenz zum muslimischen Leben in Deutschland zur Verfügung gestellt hat: Dort wurde zum Beispiel festgestellt, dass selbst die Hälfte der sehr gläubigen Musliminnen kein Kopftuch tragen und nur eine Minderheit der Muslime in ethnischen Vereinen organisiert ist. Die Studie zeige, so Djafari, „dass viele Klischees so keinen Bestand haben können und dass es so nicht zu halten ist, dass Denken und Lebenspraxis der Muslime mit westlicher Lebensweise nicht kompatibel seien.“ Djafari appellierte an die Medien, dieses andere Bild zu verbreiten, „damit nicht Politik gemacht wird mit einer Wahrnehmung der Wirklichkeit, die mit der Wirklichkeit nichts zu tun hat“.

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