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Von Bad Sülze nach Diyarbakir? Patriots aus Mecklenburg-Vorpommern – im Bild Abschussvorrichtungen am Stützpunkt Bad Sülze – könnten in die Südost-Türkei verlegt werden.

© dpa

Kein größeres Mandat: Berlin will Militäroperation auf Türkei beschränken

Der geplante Einsatz deutscher „Patriot“-Luftabwehrraketen an der türkisch-syrischen Grenze sei ausschließlich defensiv, betonen Außenminister Westerwelle und Verteidigungsminister de Maizière. Angesichts der Berichte über Chemiewaffen in Syrien, waren sich da nicht mehr alle Staaten einig.

Von Robert Birnbaum

Guido Westerwelle legt Wert auf zwei Worte. „Rein defensiv“ sei der geplante Einsatz deutscher „Patriot“-Luftabwehrbatterien an der türkisch-syrischen Grenze, den das Bundeskabinett am Donnerstag beschlossen hat. Und wie der Außen-, so der Verteidigungsminister: Eine ausschließlich defensive Maßnahme sei geplant, versichert Thomas de Maizière: „Wir wollen den Konflikt innerhalb Syriens nicht auf die Türkei übergreifen lassen.“ Dass der Frei- wie der Christdemokrat den Abwehrcharakter des Einsatzes so stark betonen, hat einen konkreten Grund. Andere Akteure denken sehr wohl darüber nach, ihrerseits auf den syrischen Konflikt überzugreifen.

Das gilt zum Beispiel für die USA. Der US-Senat hat die Regierung in Washington beauftragt, Optionen für eine Flugverbotszone über Syrien auszuarbeiten. Gleichzeitig sickern über US-Medien amerikanische Geheimdienstberichte an die Öffentlichkeit, in denen Hinweise darauf versammelt werden, dass der syrische Diktator Baschar al Assad sein Chemiewaffenarsenal scharf machen lasse.

Auch de Maizière sagt, das Kampfgas sei „bereit und verwendungsfähig“; bisher sei aber nicht zu erkennen, dass Assad es benutzen wolle. Westerwelle warnt den Diktator in scharfen Worten davor, diese „rote Linie“ zu überschreiten, die nicht nur die Nato ziehe, sondern „die gesamte Völkergemeinschaft“.

Der Außenminister dürfte dabei noch eine Debatte im Nato-Ministerrat im Ohr haben, über die die „Süddeutsche Zeitung“ aus Brüssel berichtet. Bei einem informellen Abendessen am Dienstag sei es zu scharfen Wortwechseln gekommen, berichtet die Zeitung. Auslöser sei Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen mit der Bemerkung gewesen, angesichts von Bedrohungen wie der C-Waffen-Berichte aus Syrien dürfe das Bündnis nicht „den Kopf in den Sand stecken“. In der Runde sei das als Versuch verstanden worden, der Militärführung ein Tor zu Planungen für Eventualfälle zu öffnen. Der Bundesaußenminister – unterstützt unter anderem vom „Patriot“-Mitlieferanten Niederlande – habe heftig widersprochen, die USA, Großbritannien und die Türkei hätten sich auf Rasmussens Seite geschlagen.

Westerwelle sagt dazu, er sei „alles andere als glücklich“ über die zum Teil öffentlich geführte Debatte. Und er versichert: „Deutschland ist an keinerlei Überlegungen oder Planungen beteiligt, die auf eine Intervention hinauslaufen.“ Das zielt vor allem auf den Bundestag. Das Parlament soll den Einsatz nächste Woche billigen. SPD und Grüne signalisieren im Prinzip Zustimmung, haben aber noch Fragen im Detail, etwa nach den konkreten Einsatzorten.

Nach türkischen Informationen sollen die zwei deutschen Batterien nahe von Ballungszentren wie Diyarbakir stehen, um die Menschen dort vor Luft- und Raketenattacken zu schützen. Das Mandat umfasst 400 Mann, davon 50 als Reserve. Eingeschlossen sind deutsche Awacs-Besatzungen. Die Fernaufklärer sind zwar seit jeher im Nato-Auftrag in der Region unterwegs. Wegen des technisch-militärischen Zusammenhangs mit den „Patriots“ nehme man sie aber lieber mit unters juristische Dach des neuen Mandats, sagt de Maizière.

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