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Politik: Kein Lächeln am Sinai

Israel und Palästinenser einigen sich auf Waffenruhe – doch ist unklar, wie haltbar die Vereinbarung ist

Der Handschlag zwischen dem israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon und dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas war freundlich. Schließlich soll der Gipfel in Scharm al Scheich auf der Sinai-Halbinsel nach vier Jahren Blutvergießen die Gewaltspirale unterbrechen. Man konnte sich auf die gleichzeitige Verkündung einer Waffenruhe einigen. Doch als Scharon anschließend in der Viererrunde seine Erklärung abgibt, lauschen der ägyptische Präsident Hosni Mubarak und Abbas mit fast versteinerten Mienen. Kein Lächeln kommt über ihre Lippen, obwohl doch alle in ihren Reden den Moment als „historisch“ erscheinen ließen. König Abdullah II. von Jordanien, der als einziger keine Rede hält, wirkt merkwürdig unbeteiligt. Er mag an „seinen“ Nahostgipfel in Akaba im Jahr 2003 gedacht haben, der zu nichts geführt hat.

Während Israel sich noch freute, dass Ägypten und Jordanien ihre Botschafter wieder nach Tel Aviv entsenden, versetzte die islamistische Hamas der verhaltenen Freude sogleich einen Dämpfer: Mehrere Sprecher erklärten, die Organisation fühle sich nicht an die von Abbas verkündete Waffenruhe gebunden. Er könne nur für die Autonomiebehörde sprechen, nicht aber für die Widerstandsgruppen. Damit will Hamas noch einmal daran erinnern, dass sie eine eigenständige Kraft ist. Aber bereits vor dem Gipfel war klar, dass Abbas die Ergebnisse den militanten Fraktionen Hamas und Dschihad vorlegen muss, um ihr Einverständnis für die Waffenruhe zu gewinnen. „Wenn es Abbas gelingt, unsere nationalen Ziele durchzusetzen, soll er zu den palästinensischen Fraktionen zurückkommen und darüber diskutieren. Danach werden wir unsere Position bekanntgeben“, hatte Hamas-Sprecher Mahmud Sahar vor dem Gipfel erklärt. Allerdings sind die Aussichten gut, dass Hamas zustimmen wird, denn die Organisation hatte zusammen mit Islamischer Dschihad und den Al-Aksa-Brigarden bereits am 23. Januar informell eine Waffenruhe verkündet.

Hamas denkt ernsthaft über eine Teilnahme an den Parlamentswahlen im Juli nach, nachdem sie aus den Kommunalwahlen im Januar in Gaza als Sieger hervorgegangen ist: Sieben der zehn Gemeinden gingen an die islamistische Organisation, die über ein breites Netzwerk sozialer und karitativer Dienste verfügt. Für die Vorbereitung der Parlamentswahlen braucht Hamas Ruhe.

Nachdem Israel zugesagt hat, Militäraktionen gegen Palästinenser einzustellen, stehen die Chancen auf eine länger andauernde Waffenruhe nicht schlecht. Wie lange sie anhält, hängt auch davon ab, wie stark Abbas aus den weiteren Verhandlungen mit Israel hervorgeht. Lässt Israel weitere Gefangene frei, würde das die Popularität von Abbas enorm stärken. Dem könnte sich auch Hamas nicht verschließen. Das gilt auch für den Abbau von Checkpoints oder den Rückzug aus palästinensischen Städten. Setzt Israel den Siedlungsbau und die Landenteignungen in Ostjerusalem fort, könnte aber schnell der Eindruck entstehen, Israel nutze die relative Ruhe, um weitere Fakten vor Ort zu schaffen. Dies würde Angriffe auf Israel und Israelis wieder akzeptabler machen für die palästinensische Bevölkerung. Die sorgenvollen Gesichter der Politiker in Scharm al Scheich sind also verständlich.

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