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Politik: Kein Land in Sicht

Viele Menschen auf Sri Lanka wissen noch immer nicht, wo sie ihre Häuser wieder aufbauen dürfen

Für den 26. Dezember gegen halb zehn hatten sich zwei Deutsche im Seepferdchen-Tauchzentrum angemeldet. Rohana Kithsiri hat in seinem kleinen Laden an der Küstenstraße von Unawatuna auf sie gewartet. Doch der Tauchgang fand nie statt, denn schon um neun Uhr kam die erste Welle. Der Tsunami brach gewaltig über die Bucht im Süden Sri Lankas herein. Er zerschmetterte Rohanas drei Boote, das Wasser verschluckte die Tauchanzüge. Nur das Gerät zum Auffüllen der Sauerstoffflaschen blieb verschont. Es stand neben dem Wohnhaus auf dem Hügel in der Nähe des Ladens, zum Schutz vor Räubern. Der Ort, an den sich Rohana und seine Familie retteten, war für die Welle auch zu hoch.

Heute, einen Monat später, stapeln sich im einzigen Raum des Ladens immer noch ockerfarbener Schutt und zersplittertes Glas auf dem Boden – das, was von der Wand zum Meer hin übrig geblieben ist. Rohana wird so schnell nicht aufräumen: „Ich weiß ja nicht, ob ich das Seepferdchen wieder aufbauen darf“, sagt er. Die Regierung hat angekündigt, dass beim Wiederaufbau der vom Wasser zerstörten Häuser eine „Pufferzone“ von hundert Metern zwischen den ersten Läden und dem Strand eingehalten werden muss. Für Wohnhäuser sollen sogar 300 Meter künftig Pflicht sein. Diejenigen, die deshalb nicht auf ihrem alten Grundstück neu bauen können, sollen anderswo Land zugewiesen bekommen. Wie viele Menschen davon betroffen sind, ist nicht klar. Aber allein auf den etwa 115 Kilometern zwischen der Hauptstadt Colombo und Galle im Süden der Insel drängten sich vor dem Tsunami die Küste hinab zahllose Fischerhütten und immer wieder kleine Läden. Von ihnen sind meist nur Trümmerhaufen geblieben.

Zwar wollen einige Menschen aus Angst vor der Welle gar nicht mehr so nah ans Wasser zurückziehen. Doch viele sehen sich jetzt gleichsam ein zweites Mal in ihrer Existenz bedroht. Es sind vor allem die Ladenbesitzer. Sie leben vom Tourismus, der sich am Strand abspielt, und nicht im Landesinneren. Einige von ihnen haben schon mit den Renovierungsarbeiten begonnen. Am Wochenende sind in Galle die Händler deshalb auf die Straße gegangen und haben gegen die Entscheidung der Regierung protestiert. Sie haben die Straßen blockiert, so dass zeitweise kein Auto mehr durchkam. Inzwischen haben laut „Sunday Times“ auch die Vereinten Nationen ihre Besorgnis über die Regierungspläne geäußert. Das Flüchtlingshilfswerk der UN (UNHCR) hält generell nicht viel von Umsiedlungsplänen gegen den Willen der Betroffenen. Darüber hinaus, schreibt die „Sunday Times“, sei man beim UNHCR darüber erstaunt, dass die Pufferzone im Süden bei 100 Metern liegen, im Nordosten im Rebellengebiet aber mindestens 200 Meter betragen soll. Allerdings ist man auf Sri Lanka offenbar auch in politischen Kreisen nicht ganz sicher, ob die Pläne umgesetzt werden können. Selbst wenn das offiziell niemand so sagen würde.

Rohana bleibt nichts, als zu warten. Denn neben der Gewissheit, wo er seinen Laden wieder aufbauen kann, fehlt ihm auch Geld für Boote und eine neue Tauchausrüstung. Die alte hatte er sich über 14 Jahre lang angespart. „Ich habe ja noch Glück“, sagt er trotzdem. „Ich lebe ja noch, und meine Familie auch.“

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