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Die Pizza im Original, hier aus Neapel.

© Cesare Abbate/ANSA/AP/dpa

Kein Markenschutz für Pizza von "La Mafia": Europa wird zur Geschmacksfrage

Die EU-Justiz fürchtet um die guten Sitten und nimmt Rücksicht auf italienische Empfindlichkeit. Dabei kann den Bürgern ein bisschen mehr zugemutet werden. Ein Kommentar.

Komm und amüsier dich in unserer Spielecke, Spaß ist garantiert, verspricht der Knabe mit tomatenroter Kochmütze und Schürze – die allerdings einen verstörenden Schriftzug trägt: „La Mafia“.

Knapp 350000 Pizzen hat die spanische Restaurantkette „La Mafia se sienta a la mesa“ (Die Mafia setzt sich an den Tisch) allein im vergangenen Jahr ihren Gästen serviert, so wirbt sie im Internet. Doch jetzt hat der italienische Staat der organisierten Spezialität einen Schlag versetzt. Nach dessen Löschantrag lehnte es das Gericht der Europäischen Union am Donnerstag ab, die „Mafia bei Tisch“ als kopiergeschützte Unionsmarke einzutragen; insbesondere nicht für die Vermarktung von „Verpflegungsdienstleistungen“. So hatte es zuvor auch schon das für solche Fragen zuständige EU-Amt für geistiges Eigentum in Alicante entschieden.

Die rote Rose rundet das positive Bild ab, sagen die Richter

Die Urteilsgründe lesen sich wie eine späte Abrechnung mit der 150-jährigen Geschichte krimineller Clans nach sizilianischem Vorbild. Mord, Geldwäsche, Drogen- und Waffenhandel, Korruption, dies alles verstoße gegen Werte, die unteilbar seien und das geistig-religiöse und sittliche Erbe der Union bildeten, heißt es. Die grenzüberschreitende Mafia-Kriminalität stelle zudem eine ernsthafte Bedrohung für die Sicherheit im gesamten EU-Gebiet dar.

Wenig anderes dürfte ab sofort für die spanischen Pizzabäcker gelten. In deren Argument, mit Worten und Optik bloß auf Kultfilme wie den „Paten“ anspielen zu wollen, sehen die Richter einen weiteren Beitrag zur Verharmlosung des kriminellen Problems. Die rote Rose als Restaurant-Logo in bedenkenloser Kombination mit der netten Tischgesellschaft erzeuge ein „insgesamt positives Bild der Tätigkeiten der Mafia“, urteilen sie streng.

Eine Attacke auf Sittlichkeit und Opfergedenken?

Ob es „die Mafia“ jedoch überhaupt noch gibt, ist ebenso umstritten wie der Ursprung des Wortes ungeklärt. Arabisch? Sizilianisch? Ein florentinischer Dialekt? „Mafia“ ist als Synonym für organisiertes Verbrechen zum Synonym für unstatthafte Kollaborationen aller Art geworden. Zuletzt war viel von Dieselmafia die Rede. Als Attacke auf Sittlichkeit und Opfergedenken werden derlei Zuschreibungen im Unionsraum heute nur noch selten empfunden.

Trotzdem, der Spruch fügt sich in die Linie der Justiz. Erst kürzlich wies man das Ansinnen zurück, den Slogan „Fack ju Göhte“ als Marke anzumelden. Zu vulgär, zu rücksichtslos sei dies gegenüber dem „geschätzten Dichter und Schriftsteller“. Auch daran zeigt sich, wie Europas Geschick zunehmend vom Geschmack bestimmt wird. Immerhin, bei der Pizza gibt es Einigkeit

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