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Politik: Kein Platz für Lügner

FRIEDEN MIT ARAFAT?

Von StephanAndreas Casdorff

Wann, wenn nicht jetzt, ist die Gelegenheit, von Illusionen Abschied zu nehmen? Mahmud Abbas, der Kurzzeit-Premier der Palästinenser, bietet den Anlass. Er sagt öffentlich, was wahr ist, was alle wissen, aber noch keinen zum Umdenken, geschweige denn Handeln bewegt: Dass es Jassir Arafat war, an dem er gescheitert ist, dass es Arafat ist, der eine friedliche Entwicklung mittels einer Regierung, die diesen Namen verdient, sabotiert.

Wenn aber richtig ist, was alle die hochmögenden Experten sagen, dass nämlich der Friede in Nahost der Schlüssel ist zum Frieden in der gesamten Region einschließlich des Mittleren Ostens; und wenn dazu noch richtig ist, dass dieser Friede Voraussetzung ist für einen Sieg im Kampf gegen den Terror, der in alle Welt exportiert wird – dann muss Schluss sein damit, dass sich die Regierungen auch des Westens selbst belügen. Vor genau zehn Jahren, 1993, begann der Osloprozess: Frieden schien möglich zu sein, und Arafat redete wie ein Friedenstäuberich. Er versprach in einem Brief an Itzhak Rabin den Verzicht auf Terror. Doch dieser Prozess ist tot – und Arafat hat sein Wort gebrochen. Mal um Mal. Er sprach von Frieden, aber seine Al-Aqsa-Brigaden verübten Attentate. Sage keiner, der „Palästinenserpräsident“ wüsste von nichts. Denn die Macht des PLO-Chefs beruht vor allem auf seiner Herrschaft über zwei Drittel der „Sicherheitskräfte“, die er nicht abgeben will. Abbas hatte dagegen keine Chance.

Er hatte sie auch nicht, weil Israel ihn nicht unterstützte, keine Frage. Abbas blieb allein in seinem Kampf, obwohl der alte General Ariel Scharon die strategische Möglichkeit hätte erkennen und nutzen müssen. Das ändert aber nichts daran, dass Arafat das Haupthindernis für den Frieden ist. Und der Westen trotz so vieler schlechter Erfahrungen den Kopf in den Sand steckt. Wie nur konnte US-Außenminister Colin Powell sich an Arafat wenden, damit der dem Frieden wieder aufhelfe? Ausgerechnet Arafat. Der spricht englisch so, arabisch anders, doppelzüngig immer. Es ist Arafat, der Hamas und Dschihad hofiert, immer wieder taktiert und mit ihnen paktiert; es ist Arafat, der Israel zum Frieden mahnt, aber das weitest reichende Friedensangebot der Israelis je vor drei Jahren in Camp David egomanisch hintertrieb. Vor drei Jahren begann die Intifada. Und jetzt hat der große Intrigant auch noch Abbas und dessen Sicherheitschef Mohammad Dahlan vertrieben. Der eine, Abbas, fühlt sich von hinten erdolcht, der andere, Dahlan, nennt Arafat einen Lügner und Hund. Die arabischen Staaten trauen ihm auch nicht mehr über den Weg.

Und dennoch soll es immer so weitergehen? Wenn es doch seit zehn Jahren nicht funktioniert, Arafat einzubeziehen, ihn zu umgarnen, dann spricht nichts dafür, dass man es elf, zwölf, 20 Jahre probiert. Das ist nicht nur unlogisch, sondern auch unmenschlich. Immer wieder sterben Unschuldige, weil keiner sich eingesteht, dass es mit Arafat niemals mehr weitergeht. Dabei macht sich im Grunde keiner in Washington, Brüssel oder Berlin noch Illusionen über ihn. Nichts hat er getan, um ihren Hauptwunsch zu erfüllen: die Extremisten zu einer Abkehr von den menschenverachtenden Selbstmordattentaten zu bewegen.

Soll die „Road-Map“ noch eine Chance haben, muss der Westen, das heißt: die USA, Russland, die EU, sich jetzt in den Weltsicherheitsrat begeben. Von Manfred Lahnstein, dem deutschen Ex-Minister, stammt dieser Plan, und er klingt folgerichtig: Die Vereinten Nationen müssten das Mandat erteilen, gegen den Terror vorzugehen. Alle Organisationen, die dem Terror nicht abschwören, sollten vorher verboten werden – und dann multinationale Truppen mit voller Bewegungsfreiheit das Verbot in allen Palästinensergebieten durchsetzen. Israel muss sich dafür zurückziehen. Die Polizeieinheiten der Palästinenser können von der Arabischen Liga verstärkt werden, die „Sicherheitsdienste“ gehören Arafats Kontrolle entzogen und allein der Regierung unterstellt.

Und Arafat, der bewiesen hat, dass er nur terrorisieren, aber nicht regieren kann? Der muss gehen. In ein Land seiner Wahl, oder eines, das ihn überhaupt noch aufnimmt. Wie wäre es mit den USA? Denn auch das ist wahr: Wer den Weltfrieden will, muss alles für den Frieden im Nahen Osten tun.

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