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Politik: Kein Scheidungsgrund mehr

Die katholische Kirche will Wiederverheiratete zu den Sakramenten zulassen – zumindest in Freiburg.

Berlin - Alois Glück ist begeistert, Maria Flachsbarth (CDU) freut sich, Kirchenrechtler atmen auf. Der Anlass: Das katholische Erzbistum Freiburg geht auf Menschen zu, die geschieden sind und neu geheiratet haben.

Nach offizieller Kirchenlehre leben die Wiederverheirateten in Sünde und sind von Sakramenten wie der Taufe, Kommunion (dem katholischen Abendmahl), Beichte oder Krankensalbung ausgeschlossen. Sie dürfen auch nicht im Pfarrgemeinderat mitarbeiten. Wer bei der Kirche angestellt ist, wird entlassen.

An der Lehre hat sich nichts geändert. Aber Papst Franziskus hatte erst kürzlich geraten, barmherziger mit Geschiedenen umzugehen. Der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, der Vorsitzende der Bischofskonferenz, macht nun Ernst damit. In einer „Handreichung“ für Seelsorger im Bistum Freiburg werden die wieder verheirateten Geschiedenen nicht mehr per se von den Sakramenten ausgeschlossen. Die Zulassung zu Kommunion und Beichte ist allerdings an Voraussetzungen geknüpft. Im Gespräch mit dem Pfarrer soll der Geschiedene seine Verantwortung oder Mitschuld am Scheitern der ersten Ehe eingestehen und bereuen. Er muss begangenes Unrecht so weit wie möglich wiedergutmachen, und die neue Ehe muss sich als dauerhafte „sittliche Realität bewährt“ haben. Am Ende des Gesprächsprozesses mit dem Seelsorger treffe das Paar eine „Gewissensentscheidung“, die der Pfarrer und die Gemeinde akzeptieren müssen.

„Es ist sehr wichtig, dass nicht der Pfarrer die Entscheidung trifft“, sagt Alois Glück, der Präsident des Zentralkomitees der Katholiken. Die Zulassung zu den Sakramenten sei demnach nicht allein vom Wohlwollen des Pfarrers abhängig – das sei ein wichtiger Perspektivwechsel. Glück ist froh, dass die Freiburger vorgeprescht sind und nicht auf eine theologische Grundsatzentscheidung aus Rom gewartet haben. Denn die Ungeduld vieler Katholiken, dass sich im Umgang mit den Geschiedenen etwas ändert, sei sehr groß. „Durch den Freiburger Schritt werden sich die Debatten auch in den anderen Bistümern intensivieren.“

Auch Maria Flachsbarth, CDU-Politikerin und Präsidentin des deutschen katholischen Frauenbundes, freut sich über den Vorstoß aus Freiburg: „Viele Menschen leiden darunter, dass ihre Ehe gescheitert ist. Zusätzlich wurden sie von den Sakramenten ausgeschlossen und in den Gemeinden an den Rand gedrängt. Es ist gut, dass sie wieder in die Mitte geholt werden.“ Die Kirche relativiere die Ehe dadurch ja nicht. Flachsbarth hofft, dass andere Bistümer folgen werden.

„Geschiedene, die wieder geheiratet haben, gehören zu uns“, betont Berlins Kardinal Rainer Maria Woelki. Die pastorale Not, die damit verbunden sei, dass Seelsorger aufgrund der katholischen Lehre nicht alles tun könnten, was sie wollten, brenne ihm unter den Nägeln. „Wir sollten alles tun, was in unserer Kirche möglich ist, um diese Not zu lindern.“ Andere deutsche Bischöfe wie der Münchner Kardinal Reinhard Marx äußerten sich gegenüber der Deutschen Presse-Agentur zurückhaltender. Sie sehen noch „Gesprächsbedarf“.

1993 hatten die damaligen oberrheinischen Bischöfe Karl Lehmann, Oskar Saier und Walter Kasper ein Hirtenwort mit wortwörtlich denselben Forderungen veröffentlicht. Sie wurden von Papst Johannes Paul II. und Joseph Ratzinger, dem damaligen Chef der Glaubenskongregation, zurückgewiesen. Jetzt heißt es aus Rom: In diesen Fragen sei ein einheitliches Vorgehen der Kirche notwendig, „Sonderlösungen“ seien nicht hilfreich. 2014 soll sich eine Bischofssynode mit dem Thema befassen. Der Präfekt der Glaubenskongregation, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, hatte im Juni im Interview mit der katholischen „Tagespost“ am bisherigen Umgang mit wieder verheirateten Geschiedenen festgehalten.

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