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Anja Siegesmund, Vorsitzende der Grünen-Landtagsfraktion in Thüringen

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Kein "Sicherheitspuffer" für Linke und SPD: Grüne in Thüringen wollen nicht unbedingt regieren

In Thüringen könnte der Linke Bodo Ramelow Ministerpräsident werden. Werden die Grünen an der Landesregierung beteiligt? Ihre Fraktionschefin erklärt: Wir wollen nicht der "Sicherheitspuffer" sein.

Von Matthias Meisner

Die Grünen in Thüringen haben Vorbehalte gegen eine Linkspartei-geführte Landesregierung in Thüringen angemeldet. Aus Sicht ihrer Fraktionschefin Anja Siegesmund ist eine Beteiligung nur sinnvoll und erfolgversprechend, wenn die Grünen für die Mehrheitsbildung notwendig sind. "Sollte Rot-Rot eine Mehrheit nach dem 14. September haben, braucht es Grün rechnerisch nicht", sagte die Politikerin dem Tagesspiegel: "Ich kann mir kaum vorstellen, dass wir Grünen Sicherheitspuffer für zwei Parteien sein sollen, die es sich trotz parlamentarischer Mehrheit vielleicht nicht zutrauen aus eigener Kraft über fünf Jahre und mehr zuverlässig politische Entscheidungen zu treffen."

Zuvor hatte Bodo Ramelow, Linken-Kandidat für das Ministerpräsidentenamt, für die Beteiligung der Grünen an einer von seiner Partei geführten Regierung geworben. "Ich plädiere für ein reformorientiertes Bündnis aus SPD, Linkspartei und Grünen". Diese drei Parteien seien sich in einer ganzen Reihe von Themen - etwa Weltoffenheit, gute Arbeit, guter Lohn, gerechte Bildung - "sehr nahe". Ramelow betonte weiter: "Inhaltlich haben wir eine viel höhere Schnittmenge zu Grünen und SPD, als die CDU das hat."

Siegesmund spricht von "historischer Chance"

Siegesmund sagte dazu, R2G - ein Bündnis aus Linkspartei, SPD und Grünen sei zwar einerseits "eine historische Chance" mit "Charme". Andererseits gründe sich "ein erfolgreiches politisches Bündnis immer auf gemeinsamen Inhalten und auf klaren Mehrheiten". Ihrer Partei riet sie, auf eine Regierungsbeteiligung zu verzichten, wenn die Grünen für die Mehrheitsbildung nicht notwendig sind: "Die Idee, sich an einer so genannten übergroßen Koalition zu beteiligen, birgt das Risiko, dass im Zweifel nicht alle Partner zustimmen müssen und dennoch Entscheidungen getroffen werden können."

Bodo Ramelow
Bodo Ramelow, Linke-Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten in Thüringen

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Siegesmund kündigte an: "Wir wollen nach dem Wahltag mit allen demokratischen Parteien reden und uns jenseits aller Farbenspiele für eine andere Umwelt- und Energiepolitik, für eine andere Bildungs- und Landwirtschaftspoltik stark machen - ob als gleichberechtigter Teil der Regierung oder als starke Opposition." Die Politikerin hatte in der Vergangenheit auch Sympathien für eine schwarz-grüne Regierung in Thüringen erkennen lassen, für die sich aber in Umfragen keine Mehrheit abzeichnet. der CDU-Fraktionschef im Thüringer Landtag, Mike Mohring, unterstützte die Einwände von Siegesmund gegen eine Regierung, bei der die Grünen zur Mehrheitsbildung nicht benötigt werden. "Zu Recht!", twitterte er.

Katrin Göring-Eckardt, aus Thüringen stammende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, hatte im April im Tagesspiegel-Interview erklärt, ein Ministerpräsident der Linken in dem Bundesland wäre "kein Tabubruch". Die CDU regiere in Thüringen seit 1990. "Da kann ein Wechsel der Demokratie nur gut tun." Zudem charakterisierte sie die Linkspartei in Thüringen als "sozialdemokratische Partei", die "einiges zur Aufarbeitung ihrer SED-Vergangenheit getan" habe.

Linke und SPD könnten womöglich auch ohne Grüne regieren

Der jüngste Thüringen-Trend der Meinungsforscher von Infratest Dimap lässt für den Freistaat auch die Bildung einer rot-roten Landesregierung möglich erscheinen. In der Umfrage im Auftrag des MDR wurden zwei Monate vor der Landtagswahl am 14. September der CDU 36 Prozent vorausgesagt, der Linkspartei 27 und der SPD 19. Die Grünen wären mit sechs Prozent im Landesparlament vertreten, während AfD, FDP und NPD den Einzug in den Erfurter Landtag verfehlen. Denkbar ist demnach sowohl die Fortsetzung der schwarz-roten Regierungskoalition als auch eine rot-rote oder rot-rot-grüne Landesregierung. Der Wahl kommt besondere Bedeutung zu, weil zum ersten Mal ein Politiker der Linkspartei Ministerpräsident in einem Bundesland werden könnte.

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