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Politik: Keine Chance für den „Pershing“-Richter

Ein wegen Rechtsbeugung verurteilter Jurist soll nun doch nicht Bremer Fachhochschul-Rektor werden

Bremen - Darf ein Jurist, der vor 13 Jahren wegen Rechtsbeugung verurteilt wurde, diese Vorstrafe heute verschweigen und sich zum Rektor einer staatlichen Hochschule wählen lassen? Darüber stritt am Donnerstagnachmittag der Akademische Senat (AS) der „Hochschule Bremen“ in einer Sondersitzung.

Aktueller Anlass: Mitte Februar hatte der AS mehrheitlich beschlossen, dass der frühere Frankfurter Amtsrichter Hans-Christoph Jahr, der zurzeit an der Fachhochschule in Wilhelmshaven lehrt, am 1. Juni neuer Rektor in Bremen werden soll. Nachträglich stellte sich aber heraus, dass Jahr vorbestraft ist. Deshalb beriet der AS nun darüber, ob die Rektorenwahl annulliert werden sollte.

Jahr war 1994 in Frankfurt wegen Rechtsbeugung und Verfolgung Unschuldiger zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Die Begründung: Er habe in fünf Verkehrs-Bußgeldverfahren Daten in den Akten verändert, um trotz eigentlich eingetretener Verjährung doch noch über die Fälle verhandeln zu können. Er selbst bestreitet die Tatvorwürfe. Und er deutet an, dass der Prozess gegen ihn eine Retourkutsche für ein früheres eigenes Urteil sein könnte: 1985 hatte Jahr als Frankfurter Amtsrichter Demonstranten freigesprochen, die aus Protest gegen die Stationierung von Pershing-II-Raketen eine US-Militäranlage blockiert hatten. Seine Begründung damals: Die Aktion sei zwar eigentlich eine Nötigung gewesen, aber nicht verwerflich, da die Bundesregierung mit ihrer Zustimmung zur Raketenstationierung das Grundgesetz verletzt habe. Mit seinem Urteil löste Jahr damals bundesweit Empörung bei konservativen Politikern aus.

Jahr reklamiert für sich ein Recht auf Resozialisierung. Wenn jemand eine Strafe erhalten hat, „muss auch einmal Schluss sein“. So sieht es auch das Gesetz vor: Verbrechen wie Rechtsbeugung werden nach fünf Jahren nicht mehr im polizeilichen Führungszeugnis erwähnt. Der Akademische Senat beschloss am Donnerstag, den letztlich zuständigen Bildungssenator Willi Lemke (SPD) darum zu bitten, den gewählten, aber noch nicht förmlich ernannten Jahr „nicht zum Rektor zu bestellen“. Dies wird Lemke vermutlich nicht abschlagen.

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