zum Hauptinhalt

Politik: Keine Einigung über Geld für Zwangsarbeiter

Die Bonner Verhandlungen um eine Entschädigung ehemaliger NS-Zwangsarbeiter sind am Donnerstag ohne Verständigung beendet worden. Zwar zeigte sich der Sprecher des jüdischen Weltkongresses, Israel Singer, zu Beginn der Gespräche im ehemaligen Auswärtigen Amt noch "leicht optimistisch".

Die Bonner Verhandlungen um eine Entschädigung ehemaliger NS-Zwangsarbeiter sind am Donnerstag ohne Verständigung beendet worden. Zwar zeigte sich der Sprecher des jüdischen Weltkongresses, Israel Singer, zu Beginn der Gespräche im ehemaligen Auswärtigen Amt noch "leicht optimistisch". Er räumte aber zugleich ein, dass der größte "Hemmschuh" die Höhe der finanziellen Entschädigungen sei. Singer drängte zusammen mit den Sprechern der jüdischen Opferorganisationen auf ein rasches Ergebnis: Die Opfer seien durchschnittlich 80 Jahre alt, und "eine biologische Lösung" wäre inakzeptabel. Er rechne stark mit der Hilfe von Bundeskanzler Gerhard Schröder bei der Lösung der Probleme.

In der vom Kanzlerbeauftragten Otto Graf Lambsdorff und dem stellvertretenden US-Finanzminister Stuart E. Eizenstat geleiteten Konferenz - die US-Delegation wurde von Botschafter John C. Kornblum angeführt - lagen die Differenzen nach Angaben aus Konferenzkreisen einerseits an "weiter hochgeschraubten Forderungen" der Anwälte der Opfer und zugleich an der Frage des Kreises der Entschädigungsberechtigten. Der Sprecher der deutschen Unternehmen, Wolfgang Gibowski, betonte, über die Höhe der Zahlungen dürfe es keine unrealistischen Vorstellungen geben. Die Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft sei zu humanitären Leistungen bereit. Zunächst aber müsse der Empfängerkreis klar sein. Die an den Gesprächen beteiligten deutschen Unternehmen legten Wert darauf, dass von den Opfern zunächst die Anträge auf Entschädigung gestellt würden. Erst dann könne es Zahlungen geben. Dieses Verfahren aber lehnten die Anwälte als zu langwierig ab. Sie sprachen von 1,5 Millionen Anspruchsberechtigten.

Gibowski hielt den Anwälten der Opfer vor, sie hätten die Bonner Gespräche mit unterschiedlichen Forderungen belastet. So hätten sie ein Junktim hergestellt zwischen dem Fonds der deutschen Unternehmen, aus dem Geld an deren frühere Zwangsarbeiter fließen soll, und der geplanten Einrichtung einer Bundesstiftung, die Mittel für die übrigen ehemaligen Zwangsarbeiter - beispielsweise in der Landwirtschaft - bereitstellen soll. Die Schaffung einer solchen Stiftung sei aber Sache des Bundestags. Die Bonner Verhandlungen werden voraussichtlich in wenigen Wochen in Washington fortgesetzt. Zuvor, am 6. September, will Kanzler Schröder mit den beteiligten deutschen Unternehmen beraten.

Parallel zur Bonner Konferenz ist in den USA erstmals eine Sammelklage russischer Zwangsarbeiter gegen deutsche Firmen eingereicht worden, mit der Entschädigungszahlungen durchgesetzt werden sollen. Der New Yorker Anwalt Kenneth McCallion erklärte, seine Kanzlei vertrete 1000 NS-Opfer aus St. Petersburg. Die Zahl möglicher Kläger gehe insgesamt in die Zehntausende.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false