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Politik: Keine Kultur, kein Vertrag

Nach Schließung des British Council in Russland droht London Moskau mit Reaktionen der ganzen EU

Die EU protestierte, russische Bürgerrechtler liefen Sturm, zu guter Letzt legte sich sogar Wladimir Lukin, Putins Beauftragter für Menschenrechte, ins Zeug. Nichts half, Moskau blieb hart: Am 1. Januar mussten die regionalen Abteilungen des britischen Kulturinstituts British Council in Russland schließen. Dass die Vertretung in Moskau vorerst weitermachen darf, wurde als „Geste guten Willens“ verkauft.

An diesem guten Willen indes zweifelt Großbritannien. Mehr noch: Das Verbot, so warnte Londons Botschafter in Moskau, Anthony Brenton, könnte sich „negativ auf die Neuverhandlung des Rahmenvertrags Russland-EU auswirken“. Dabei hatte Brüssel dafür endlich freie Bahn gesehen, nachdem die neue Regierung in Warschau sich mit Russland über die Aufhebung des Einfuhrstopps für polnisches Fleisch einigte. Moskau hatte das Embargo mit mangelnder Qualität begründet, Polen wegen des traditionell gespannten Verhältnisses politische Motive vermutet.

Auf politische Gründe tippt auch London bei der Schließung des British Council, das sich, ähnlich wie das deutsche Goethe-Institut, für die kulturelle Zusammenarbeit engagiert. Russlands Außenamt nannte offiziell jedoch Verstöße gegen Finanz- und Steuergesetze. Vor allem aber, so, Außenamtssprecher Michail Kamynin, der die Schließung Mitte Dezember angekündigt hatte, arbeite das British Council in Russland bereits seit mehreren Jahren ohne Rechtsgrundlage.

Formell stimmt dieser Vorwurf sogar. Nur verschweigt Moskau dabei die Vorgeschichte und die hat in der Tat mit politischen Gründen zu tun. Beharrlich weigert Russland sich, den Unternehmer Andrej Lugowoj auszuliefern, der im Sommer in London wegen Mordes an dem nach Großbritannien geflüchteten russischen Ex-Spion Alexander Litwinenko angeklagt wurde. London beantwortete den Affront mit der Ausweisung dreier Diplomaten und Einreisebeschränkungen für russische Beamte. Moskau konterte mit der Ausweisung britischer Diplomaten und Verhandlungsstopp für ein neues bilaterales Kulturabkommen. Der Grund: Russlands neues Gesetz zur Tätigkeit nichtstaatlicher Organisationen entzieht dem British Council faktisch die Rechtsgrundlage für seine Arbeit. Diesen Zusammenhang gestand Russlands Botschafter im Vereinigten Königreich, Juri Fedotow, kürzlich sogar ein. Das British Council, sagte der Diplomat Londoner Medien, sei in der gegenwärtigen Situation so etwas wie eine Geisel.

In einem BBC-Interview hatte selbst Außenminister Sergej Lawrow politische Gründe für das Verbot durchblicken lassen. Den Weg zu einem Kompromiss hat Moskau sich indes selbst verbaut. Lugowoj ist inzwischen Abgeordneter und genießt dadurch Immunität. Mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen für eigene Ermittlungen Russlands zur Aufklärung der Mordsache Litwinenko.

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