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Politik: Keine Privatsache

Ministerium und Krankenkassen ärgern sich über den Umgang mancher Ärzte mit gesetzlich Versicherten

Berlin - Im Streit über die Ungleichbehandlung von Patienten bei der Vergabe von Arztterminen wird der Ton schärfer. Barmer-Chef Johannes Vöcking drohte Medizinern, die Kassenpatienten bei den Wartezeiten diskriminieren, am Wochenende mit Honorarkürzungen – und erhielt dafür am Montag sogleich Rückendeckung aus dem Gesundheitsministerium. Maßnahmen gegen die Diskriminierung gesetzlich Versicherter seien „überfällig“, hieß es dort. Und dass Ministerin Ulla Schmidt (SPD) schon mehrfach deutlich gemacht habe, dass es „ nicht in Ordnung geht, wenn gesetzlich Krankenversicherte im Gegensatz zu Privatpatienten manchmal wochenlang auf einen Termin beim Facharzt warten müssen“.

Dahinter steckt auch eine Portion politischer Ärger. Schließlich hatte die Ministerin durchsetzen wollen, dass Ärzte für vergleichbare Leistungen bei Privatpatienten nicht länger deutlich mehr kassieren dürfen als bei Kassenpatienten. „Das hätte den Juckreiz verhindert, Private vorzuziehen“, meint einer ihrer Vertrauten. Doch dem war die Union vor, die Unterschiede bleiben bestehen – auch wenn es nun eine neue Honorarordnung und auch einen mit Kassentarifen vergleichbaren Basistarif für die Privaten geben soll.

Was die Kassen wirklich gegen Ungleichbehandlung tun können, lässt das Ministerium denn auch offen. Verstöße gegen die Behandlungspflicht müsse die Kassenärztliche Vereinigung (KV) sanktionieren, heißt es. Auch Vertragsärzte, die nebenbei als Privatärzte tätig seien, müssten ihre Sprechstunden für Kassenpatienten so einrichten, dass diese „zeitnah“ behandelt werden könnten. Die Kassen könnten vereinbarte Vergütungen „teilweise zurückbehalten“, wenn die KV ihrem Sicherstellungsauftrag nicht nachkomme. Außerdem gebe ihnen die Reform mit Hausarzttarifen, Chronikerprogrammen und freierer Vertragsgestaltung weitere Möglichkeiten an die Hand.

In der Branche stieß Vöckings Idee eines Bonus-Malus-Systems für den ärztlichen Umgang mit Kassenpatienten jedenfalls auf Skepsis. Ebenso der Vorstoß der AOK Rheinland/Hamburg, Kassenzulassungen zu befristen und Verlängerungen vom Arztverhalten abhängig zu machen. „Ein Sanktionssystem ist kein Thema für uns“, heißt es bei der DAK. Für den Verband der Betriebskrankenkassen ist es zumindest „nicht realistisch, die Schnelligkeit der Terminvergabe bei 70 Millionen Versicherten kontrollieren zu wollen“.

Am Umgang mancher Ärzte mit Kassenpatienten müsse sich dennoch etwas ändern, betont Verbandssprecher Florian Lanz. „Wir müssen den verhängnisvollen Trend durchbrechen, in privat Versicherten die besseren Patienten zu sehen.“ Der Chef der Techniker Krankenkasse wird deutlicher. „Ärzte, die Kassenpatienten nicht schätzen, sollten so ehrlich sein und ihre Kassenzulassung zurückgeben“, sagte Norbert Klusen dem Tagesspiegel.

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