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Kenia: Der älteste Grundschüler der Welt

Kimani Nganga Maruge wird den Hollywood-Film über sein Leben nicht mehr sehen können. Am Samstag starb der älteste Grundschüler der Welt in Nairobi in einem Altenheim. Der 90-Jährige erlag einer Krebserkrankung. Doch seine Geschichte wird für viele Kenianer eine Inspiration bleiben.

Berlin - Maruge kämpfte in den 50er Jahren im Mau-Mau-Aufstand gegen die britischen Kolonisatoren. Er wurde verhaftet und in einem britischen Lager nach eigenen Aussagen gefoltert. Einen Zeh an seinem linken Fuß habe er dabei verloren, weshalb er leicht hinkte.

2004 brachte der alte Mann Jane Obinchu ziemlich in Verlegenheit. Sie ist Leiterin der Kapkenduiywo-Grundschule in Eldoret. Im Alter von 84 Jahren kam Kimani Maruge mit abgeschnittenen Hosenbeinen und Kniestrümpfen in die Schule und verlangte, in die erste Klasse aufgenommen zu werden. Die damals gerade neu gewählte Regierung des Präsidenten Mwai Kibaki hatte die Schulgebühren für die Grundschule abgeschafft. Das war für Maruge, der noch nie in seinem Leben eine Schule besuchen konnte, die Chance, „etwas zu lernen“. Er wolle die Bibel selbst lesen können, sagte er zur Begründung, weil er den Verdacht hatte, dass die „Prediger die Gläubigen manchmal in die Irre führen“. Außerdem wollte er rechnen lernen, weil er sich nicht sicher war, ob es mit seinen Pensionszahlungen wirklich seine Richtigkeit hatte. Vier Mal schickte Jane Obinchu den alten Mann wieder nach Hause. Doch er ließ nicht locker.

Der Urgroßvater zwischen all den Erstklässlern blieb nicht lange unbemerkt. In Kenia stieg er 2004 zu einer lokalen Berühmtheit auf. Sein zäher Lerneifer wurde schon ein Jahr später mit der Wahl zum Schulsprecher belohnt. Überhaupt wurde 2005 zu einem sehr aufregenden Jahr für Kimani Maruge. Denn er wurde nach New York zur UN-Vollversammlung eingeladen, bei der es um die Überprüfung der Milleniums-Entwicklungsziele gehen sollte. Maruge bestieg zum ersten Mal in seinem Leben ein Flugzeug und reiste in die USA. Vor der Weltversammlung warb er für kostenlose Bildung für alle.

Doch auch seine Berühmtheit half Maruge wenig, als nach der umstrittenen Präsidentenwahl Ende 2007 Unruhen im Land ausbrachen. Als Kikiyu im Rift Valley, das von den Kalenjin-Völkern für sich beansprucht wird, wurde auch er ein Opfer der Gewalt. Er flüchtete in ein Camp nicht weit von seiner Heimatstadt, sein Haus wurde geplündert, aber zumindest nicht niedergebrannt. Trotz der gefährlichen Lage wollte er sich sein schwer erkämpftes Recht auf Bildung selbst in den chaotischen Wochen nach der Wahl nicht nehmen lassen. Jeden Morgen marschierte er vier Kilometer zu seiner Grundschule – bis es endgültig zu gefährlich wurde. Maruge wurde vom Roten Kreuz in Nairobi in einem Altenheim untergebracht – hundert Meter von einer Grundschule entfernt. Dort schrieb sich Maruge wieder in die vierte Klasse ein und schaffte die Versetzung in die fünfte Klasse als 14. von 58 Schülern.

Die Leiterin des Altenheims, Denotila Ekuyi, sagte der Tageszeitung „East African Standard“, dass Maruge auch nach der Krebsdiagnose keinen Tag in der Schule gefehlt habe. Am Tag vor seinem Tod habe er noch darum gebeten, dass ihm jemand aus der Bibel vorliest. In diesem Jahr soll der Film „Der Erstklässler“ über sein Leben in Südafrika gedreht werden.

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