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Politik: Kinder im Kugelhagel

In Ost-Kongo sind 100 000 Menschen auf der Flucht

Eine Nacht haben die beiden Kinder schwer verletzt bei ihrer toten Mutter gelegen, nun liegen sie auf einer Krankenstation in der Nähe ihres Dorfes Buramba im Osten der Demokratischen Republik Kongo. Von einer Kugel am Hals getroffen ringt die zweijährige Diane mit den Pausbäckchen um ihr Leben, bei ihrer jüngeren Schwester Flora steckt eine Kugel im Bein. Die AFP-Reporterin Helen Vesperini hat Ende vergangener Woche Buramba und das Hospital besucht und über die Kinder berichtet.

Buramba ist nach Kämpfen zwischen kongolesischen Regierungseinheiten und aufständischen Truppen geplündert worden. Seit zwei Jahren versteckten sich die Bewohner nachts im Wald aus Angst vor den Überfällen, sagt eine Augenzeugin. Der UN-Vertreter in Kinshasa, Patrick Lavand’Homme berichtet, dass zahlreiche Dörfer in der Gegend verlassen und 100 000 Menschen auf der Flucht seien. Weit gehend unbeachtet von der Weltöffentlichkeit tobt im Osten des früheren Zaire ein Krieg zwischen einem halben Dutzend Milizen, die gegeneinander und alle gegen die Zivilisten kämpfen.

Theoretisch herrscht seit Mitte 2002 ein Waffenstillstand, und es regiert eine alle Rebellen umfassende Zentralregierung in Kinshasa unter Präsident Joseph Kabila, der das Land im Juni 2005 zu Wahlen führen soll. Tatsächlich ist Kongo, groß wie Westeuropa und bewohnt von 50 Millionen Menschen, ein Flickenteppich von Dörfern und Städten, die weder durch Straßen noch Schienen miteinander verbunden sind. Schätzungen zufolge sterben in Kongo täglich 1000 Menschen an den Folgen von Gewalt, Unterernährung und Krankheit.

Besonders der Osten, die kongolesischen Provinzen Ituri sowie Nord- und Süd-Kivu, sind heißes Kriegspflaster, weil hier mehr als 10 000 Hutu-Rebellen aus dem Nachbarland Ruanda und die mit ihnen verbündeten Maji- Maji-Milizen ihr Unwesen treiben. Die Hutu-Kämpfer waren 1994 nach dem Völkermord in Ruanda vor der Tutsi-Armee nach Kongo geflohen. In den vergangenen Wochen hat Ruandas Tutsi-Regierung mit einem Einmarsch gedroht, um die Hutu zu entwaffnen, diese Drohung aber gestern nach weltweiter Kritik zurückgezogen.

Doch auch ohne Einmarsch hat Ruanda Statthalter in Kongo. Es sind die Soldaten der Banyamulenge, kongolesische Tutsi, die eigentlich in die reguläre Armee eingegliedert werden müssten, sich aber Gefechte mit dieser liefern – zuletzt in Buramba und Kanyabayonga. Die UN sandten am Dienstag Soldaten in das Gebiet. Bislang schafften es die 12 000 in Kongo stationierten Blauhelme, die um knapp 5000 Soldaten verstärkt werden sollen, aber nicht, das Land zu stabilisieren.

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