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Politik: Kinder ohne Netz

Computerspiel-Messe in Leipzig – als hätte es Erfurt nie gegeben. Die größte Gefahr droht aus dem Internet

Von Kurt Sagatz, Leipzig

So nah lagen Leipzig und Erfurt selten zusammen. Auf der „Games Convention“ in Leipzig, Deutschlands erster reiner Produktschau für Computer- und Videospiele, ruft sich der Amoklauf von Erfurt in Erinnerung. Dass der Attentäter auch ein begeisterter Spieler des so genannten Ego-Shooters „Counterstrike“ war, hatte eine breite Debatte über die Gewaltverherrlichung in den Medien und speziell bei elektronischen Spielen ausgelöst. Die Hersteller und Vertriebsfirmen hatten zugesichert, das Problem selbstverantwortlich anzugehen. Letztlich bestimmt aber bei den Spielen die Nachfrage das Angebot: Es wird produziert, was die Kunden haben wollen.

Dabei sind die Spiele, die in Leipzig vorgestellt werden und dann im Weihnachtsgeschäft an die vorwiegend männlichen Kunden gelangen sollen, nicht das tatsächliche Problem. Die Gewalt, die von manchem Computerspiel ausgeht, verblasst vor dem, was weiterhin im Nachmittagsprogramm der TV-Sender läuft. Und auch bei den mehr am strategischen Aufbau orientierten Spielen rund um alle erdenklichen Schlachten der Menschheit sind die Titel zumeist das grausamste. Was in Leipzig gezeigt wird, passiert jede Bundesprüfstelle.

So sind es auch weniger die Spiele, die nach der Änderung des Jugendschutzgesetzes künftig mit einer verbindlichen Altersklassifizierung auf den deutschen Markt gelangen, als vielmehr das Material, das auf anderen Wegen – via Internet oder den Pausenhof – in die Kinderzimmer gelangt. Auf der E 3, der weltweit bedeutendsten Spielemesse in Los Angeles, wird auch jetzt noch ein Spiel wie Doom 3 enthusiastisch gefeiert, weil dort die monsterähnlichen Unholde auf besonders plastische Weise ins Jenseits befördert werden. Hierzulande wäre ein solches Spiel ein klarer Fall für den Index. Mit gesetzlichen Mitteln ist dem nicht beizukommen. Der Branchenverband der Hersteller und Vertreiber der Spiele ruft nun die Eltern auf, sich besser darüber zu informieren, was sich auf den Festplatten der Kinder-PCs befindet.

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