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Die Zahl der Kinder, die in Deutschland von Hartz IV leben, ist hoch. Gestritten wird nun, ob ihre Zahl gestiegen ist.

© Getty Images/iStockphoto

Kinderarmut: Zweifel an Zuwachs-These

Die Bertelsmann-Stiftung warnte diese Woche: Die Kinderarmut sei gestiegen. Zahlen der Bundesagentur für Arbeit bestätigen dies nicht.

Von Hans Monath

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat andere Daten zu Kindern und Jugendlichen, die in Hartz IV-Familien leben, als jene, welche die Bertelsmann-Stiftung verbreitet. Die Stiftung hatte diese Woche vor den Folgen von Kinderarmut gewarnt und erklärt, zwischen 2011 und 2015 sei der Prozentsatz der Unter- 18-Jährigen in Bedarfsgemeinschaften von 14,3 auf 14,7 Prozent gestiegen. Tatsächlich ist deren Zahl laut der Bundesagentur-Statistik gesunken – von 1,98 Millionen im Jahr 2010 auf 1,93 Millionen im Dezember 2015. Es gebe nach wie vor "ein hohes Niveau von Kindern, die von Hartz IV leben", sagte ein BA- Sprecher. Betrachtet man alleine die deutschen Kinder und Jugendlichen, die auf diese Leistung angewiesen sind, so ist deren Zahl noch stärker gesunken. Grund ist die Zuwanderung ins deutsche Sozialsystem. Bei den unter 15- Jährigen stieg die Zahl der nichtdeutschen Hartz-Empfänger von 226.000 im Jahr 2011 auf 263.000 im Jahr 2015 und 325.000 im Jahr 2016 (alle Zahlen vom Mai). Die Zahl der unterstützten jugendlichen Asylbewerber von außerhalb Europas verdreifachte sich von 2011 (34.000) bis 2016 (114.500) fast. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kritisierte die Definition von Kinderarmut durch die Stiftung. "Die Konzentration auf das Kriterium Hartz-IV-Bezug wird dem komplexen Problem Kinderarmut nicht gerecht", sagte ein Sprecher. Es habe zwischen 2011 und 2015 mehrere Erhöhungen der Hartz-IV-Regelsätze gegeben. "Mit jeder Erhöhung des Regelsatzes holt man sich potenziell neue Kinder in den Leistungsbezug", fügte der Sprecher hinzu. Zur Differenz der Daten sagte eine Vertreterin der Stiftung, zur Berechnung der Hartz-IV-Bezieher-Quoten würden "immer auch die aktuellen Bevölkerungsdaten benötigt". Zur Kritik an der Definition von Kinderarmut sagte sie, die Zuhilfenahme der sozialstaatlich definierten Armutsgrenze, nämlich der Bezug von Hartz IV, sei "ein übliches Vorgehen". Auch die relative Einkommensarmut über das Nettoäquivalenzeinkommen von 60 Prozent werde häufig angewendet. "Jede Variante hat ihre Vor- und Nachteile", sagte die Bertelsmann-Projetktmanagerin.

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