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Politik: „Kinderwagen, nicht Kraftwagen“ WOLFGANG BÖHMER (70)

Die Zukunft Deutschlands hängt, wie der Kölner Erzbischof Josef Kardinal Frings vor 40 Jahren meinte, nicht von der Zahl der Kraftwagen, sondern von der Zahl der Kinderwagen ab. Schön gesagt.

Die Zukunft Deutschlands hängt, wie der Kölner Erzbischof Josef Kardinal Frings vor 40 Jahren meinte, nicht von der Zahl der Kraftwagen, sondern von der Zahl der Kinderwagen ab. Schön gesagt. Doch Deutschland zog Konsum dem Kinderkriegen vor. Offensichtlich wurde da über viele Jahre etwas versäumt. Nun müssen wir zweierlei tun: die Lebensumstände so organisieren, dass Kinder wieder als Bereicherung empfunden werden, und gleichzeitig Wertmaßstäbe prägen, in denen Kinder und Familien ihren festen Platz haben.

Ich weiß, wovon ich spreche. Während meiner Chefarzttätigkeit als Gynäkologe kamen rund 30 000 Kinder zur Welt. Viele dieser kleinen Wesen hielt ich im Arm, ehe sie die erste Milchmahlzeit von ihrer Mutter bekamen. Alle wurden mit Zuversicht in die Welt geschickt. Diesen Schritt ins eigene Familienleben wagen heute viele Frauen und Männer in Deutschland aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr. Ich kann gut verstehen, wenn Paare aus sozialen oder gesundheitlichen Erwägungen heraus ihren Kinderwunsch überdenken. Dass allerdings zunehmend Karriereplanung, Selbstverwirklichung und Singledasein einem Leben mit Kindern vorgezogen wird, bleibt fraglich. Ist der Preis, den wir mit wachsender Bindungslosigkeit, Vereinsamung und mangelnder Fähigkeit zur Übernahme von Verantwortung unter den Generationen zahlen, nicht schon hoch genug? Sicher, es ist immer ein Risiko, Kinder in die Welt zu setzen. Doch ihnen mit dem Leben auch Vertrauen zu schenken, bleibt die Aufgabe von Müttern und Vätern. Ich plädiere dafür, dass Kinder nicht länger ein Armutsrisiko sein dürfen. Daher ist eine gerechte Besteuerung von Familien mit einem angemessenen Familienlastenausgleich sinnvoll. Und gleichzeitig müssen die Bedingungen für unsere Kinder so verbessert werden, dass sie eine Lebensperspektive erkennen können.

LEBT IN

Lutherstadt Wittenberg

BERUF

Arzt, Ministerpräsident

von Sachsen-Anhalt

FAMILIE

Verheiratet, ein Bruder,

eine Schwester, ein Sohn aus erster Ehe,

zwei Enkelkinder

RENTENEINTRITT

Nicht abzusehen

ALTERSVORSORGE

Viel Gartenarbeit,

Beamtenpension

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