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Kirill von Smolensk und Kaliningrad

© AFP

Kirche: Russisch-Orthodoxe wählen neuen Chef

Die russisch-orthodoxe Kirche hat ein neues Oberhaupt: Auf ihrem Konzil in Moskau wählten Vertreter aus mehr als 60 Ländern den Metropoliten Kirill von Smolensk und Kaliningrad zum neuen Patriarchen.

Schon seit Jahren ist der Metropolit Kirill den Russen als Sprachrohr der russisch-orthodoxen Kirche bekannt. Wöchentlich wendet er sich in seiner eigenen Fernsehsendung an die Gläubigen in seinem Land und wirbt für traditionelle Werte. Als "Außenminister" seiner Kirche prägte er ihr Bild im Ausland. Nach dem Tod des bisherigen Oberhaupts der russisch-orthodoxen Gemeinde, Alexi II., zum Übergangspatriarchen bestimmt, übernimmt der 62-Jährige nun endgültig das wichtige Amt: Am Dienstag wählten ihn die mehr als 700 Delegierten auf dem Konzil in der imposanten Erlöserkathedrale in Moskau mit großer Mehrheit zum neuen Patriarchen.
  
Als Metropolit von Smolensk und Kaliningrad, was in der katholischen Kirche dem Rang eines Bischofs entspricht, hat Kirill seit zehn Jahren wöchentlich in seiner Sendung "Die Worte des Pastors" zu den Gläubigen gesprochen und so einen landesweiten Bekanntheitsgrad erlangt. Mit seinen stets patriotischen Äußerungen und konservativen Ansichten zu sozialen Fragen polarisiert Kirill. Dennoch gilt er innerhalb der russisch-orthodoxen Kirche als Reformer. Als bisheriger Leiter der Abteilung für auswärtige Angelegenheiten seiner Kirche bemühte er sich um die Beziehungen zu anderen Glaubensrichtungen und die Ökumene.

Unter den Bischöfen der einzige wirkliche Politiker

  
Der im Dezember im Alter von 79 Jahren gestorbene Patriarch Alexi II. hatte hingegen den Missionseifer der römisch-katholischen Kirche stark kritisiert. Nach Ansicht von Kirchenexperten könnten sich mit Kirill die Beziehungen zwischen beiden Kirchen nun wieder entspannen. Dies wäre auch im Sinne von Russlands Präsident Dmitri Medwedew, wie der russische Religionsexperte Sergej Filatow sagt. Ob Medwedew selbst aber von Kirill begeistert ist, bezweifelt Filatow. "Unter den Bischöfen ist er der einzige wirkliche Politiker. Wenn ich Präsident wäre, hätte ich Angst vor einem  solchen Mann."
  
In einem am Montag veröffentlichten Interview mit der Zeitung "Trud" verwies Kirill stolz auf das Wachstum seiner Kirche, drei von vier Russen bezeichnen sich mittlerweile als Orthodoxe. Die Kirche könne aber noch immer eine größere Rolle im täglichen Leben spielen, vor allem bei der Bildung, sagte Kirill. Die Wochenzeitung "Wlast" schrieb, mit Kirill an der Spitze könne die orthodoxe Kirche "ein unabhängiger Akteur auf der politischen Bühne" werden und müsse nicht weiter "Gegenstand von Manipulationen des Staats" sein.

Erste Wahl nach Zusammenbruch der Sowjetunion

 
Geboren wurde Kirill als Sohn eines Pfarrers im damaligen Leningrad. Nach seinem Theologie-Studium begann er zunächst als Lehrkraft im Priesterseminar an der Universität in St. Petersburg. 1970 wurde er zum persönlichen Sekretär des damaligen Metropoliten Nikodim von Leningrad. Später erhob ihn die Kirche in das Amt eines sogenannten Archimandriten, das dem Posten eines Klostervorstehers entspricht. 1989 wurde er als Chef in das "Außenamt" der russisch-orthodoxen Kirche berufen, zwei Jahre später zum Metropoliten.
  
Unter Alexi II. war die russisch-orthodoxe Kirche wieder zu Einfluss gekommen. Die Wahl seines Nachfolgers ist die erste nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion im Dezember 1991. Auch der Ort der Wahl ist symbolträchtig: Die Erlöserkathedrale im Zentrum Moskaus war unter Stalin gesprengt worden und durch ein Schwimmbad ersetzt worden. Erst in den 90er Jahren wurde das Gotteshaus originalgetreu wieder aufgebaut. (mpr/AFP)

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