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Die Sehitlik-Moschee in Berlin.

© Paul Zinken/dpa

Kirchensteuer für Muslime?: Eine Moscheesteuer wird es so schnell nicht geben

Politiker aus CDU, CSU, SPD und Grünen begrüßen die Idee einer Moscheesteuer. Doch vorerst dürfte das Vorhaben scheitern. Ein Gastbeitrag.

Die liberale Muslimin Seyran Ates schlägt eine Moscheesteuer vor, Bundestagsabgeordnete aus CDU, CSU, SPD und Grünen unterstützen diesen Vorstoß. Wünschenswert wäre eine Finanzierung deutscher Moscheegemeinden durch deutsche Muslime tatsächlich – und dennoch bleibt diese Diskussion eine Phantomdebatte.

Eine Moscheesteuer wird es so bald nicht geben

Die Organisation islamischer Religion in Deutschland über die Moscheeverbände ist das Ergebnis der Migrationsgeschichte, besonders der Arbeitsmigration der 60er Jahre. Die Verbände sind landsmannschaftlich organisiert. Sie sind von religionsfremden, politischen Identitäten geprägt und orientieren sich an Vorgaben aus den Herkunftsländern. Die Ditib, als prominentestes Beispiel, ist organisatorisch, finanziell und personell weitgehend abhängig von der Religionsbehörde in Ankara, der Anstalt für Religion (Diyanet). Lange Zeit kümmerte man sich nicht darum, dass diese Konstruktion den Vorgaben des deutschen Religionsverfassungsrechtes mit seiner Trennung von Religion und Staat widersprach.

Erst mit der Positionierung der türkisch-islamischen Verbände zur Armenien-Resolution des Bundestages, dem autoritären Umschwung in der Türkei und der Ditib-Spionageaffäre geriet der türkische Einfluss in den deutschen Moscheen in die Kritik. Auch bei der „Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa e.V.“ und der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs predigen Imame der Diyanet. Das Amt für Auslandstürken (YTB) fördert zudem die Jugend- und Bildungsarbeit der Verbände. Nicht ohne Hintergedanken: Die religiösen Dienste der verschiedenen Verbände werden in der Diaspora-Politik der AKP zunehmend als Mittel der nationalen Identitätswahrung eingesetzt.

Eine Moscheesteuer wäre jetzt schon rechtlich möglich

Eine enge Verzahnung zu anderen Staaten gibt es aber nicht nur im Fall der Türkei. Die Islamische Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands steht unter iranischem Einfluss. Beim Zentralrat der Marokkaner in Deutschland werden die Imame in Kooperation mit dem marokkanischem Ministerium für religiöse Angelegenheiten ausgewählt.

Die Diskussion um einen deutschen Islam und die politische und finanzielle Unabhängigkeit vom Ausland ist deshalb entscheidend für ein gedeihliches und vertrauensvolles Miteinander in unserem Land. Hier wird man von den Muslimen in unserem Land verlangen müssen, dass sie eigenverantwortlicher werden und sich aus der Fixierung auf den Staat lösen.

Die Forderung nach einer Moscheesteuer löst allerdings keine Probleme. Die Politik kann in einer freiheitlichen Staatsorganisation, die Religion und Staat trennt, gar nicht so sehr viel tun. Das deutsche Religionsverfassungsrecht regelt die Frage von Religionssteuern bereits abschließend: „Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.“ Dies gilt auch für islamische Religionsgesellschaften.

Islamische Organisationen müssten Körperschaftsstatus haben

Voraussetzung ist allerdings, dass die islamischen Organisationen auch tatsächlich Religionsgesellschaften sind. Mindestens vier der fünf großen islamischen Verbände sind dies aber nicht. Sie sind politisch formierte Organisationen von Religion. Allein die Sondergemeinschaft Ahmadiyya Muslim Jamaat hat Körperschaftstatus. Zudem ist zweifelhaft, ob muslimische Organisationen eine Moscheesteuer überhaupt erheben würden.

In der Deutschen Islamkonferenz wird darüber zu reden sein, ob die islamischen Organisationen bereit sind, sich von ihren politischen Prägungen und Affiliationen zu lösen und sich allein nach religiösen Kriterien zu organisieren. Dann stünde ihnen der Weg zu allen Rechten der Kirchen und der jüdischen Gemeinden offen und der Islam käme auch organisatorisch in Deutschland an.

Volker Beck war bis 2017 Bundestagsabgeordneter (Die Grünen). Seither ist er Lehrbeauftragter am Centrum für religionswissenschaftliche Studien der Uni Bochum.

Volker Beck

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