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Politik: Kirchentag schlägt Brücke zum G-8-Gipfel

Das Für und Wider der Globalisierung steht ab Mittwoch beim protestantischen Großtreffen in Köln im Blickpunkt

Köln - Wenn sich 100 000 Protestanten treffen, wird viel gebetet und gesungen, aber auch ernsthaft politisch diskutiert. Besonders auf dem 31. Evangelischen Kirchentag, der vom 6. bis 10. Juni in Köln stattfindet, will man sich nicht nur spirituell wärmen, sondern sich in die Politik einmischen. Schließlich tagt zeitgleich der G-8-Gipfel in Heiligendamm.

Teile der Kirche hatten sich bereits im Vorfeld des Gipfels mit Globalisierungsgegnern vernetzt und die Proteste unterstützt. Ab Mittwoch werden sich auch in den Kölner Messehallen unzählige Vorträge und Diskussionen um Armutsbekämpfung, Klimaschutz und Welthandelsfragen drehen. Globalisierung sei „keine Naturgewalt, sondern eine Gestaltungsaufgabe“, betont Kirchentagspräsident Reinhard Höppner, der frühere Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt. Er fordert „deutliche Antworten, wie mit den Verlierern des globalen Wettbewerbs umgegangen werden soll“.

Morgen trifft sich die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) in Köln mit Religionsführern aus allen G-8-Staaten, um eine gemeinsame Grundposition zu den wichtigsten Themen des Gipfels zu erarbeiten. Die Ergebnisse sollen am Donnerstag auf einer Veranstaltung mit Attac-Aktivisten und Friedensnobelpreisträger Erzbischof Desmond Tutu nach Heiligendamm übermittelt werden. Am Samstag will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Köln mit Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus aus Bangladesch ausloten, wie man globale Wirtschaftsbeziehungen zum Segen aller gestalten kann. Bundespräsident Horst Köhler diskutiert über die EU als „soziales und friedliches Modell“.

Eine Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung, die heute vorgestellt wird, bescheinigt der evangelischen Kirche, dass sie sich seit langem „sehr differenziert“ mit den Chancen und Risiken der Globalisierung auseinandersetze. Nun bestehe allerdings die „große Gefahr“, dass die Kirche durch Globalisierungsgegner instrumentalisiert und vereinnahmt werde.

Auf evangelischen Laientreffen geht es immer auch um die Ökumene, um das Verhältnis zur katholischen Kirche. „Lebendig, kräftig und schärfer“ lautet das diesjährige Motto der über 3000 Veranstaltungen. Das Bibelzitat meint das Wort Gottes. Man könnte es auch auf das gewachsene Selbstbewusstsein der Protestanten beziehen, das demonstriert werden soll – gemäß der vom EKD-Ratsvorsitzenden, Bischof Wolfgang Huber, ausgegebenen Losung, man lebe jetzt eine „Ökumene der Profile“. Den Kirchentag ins katholische Köln zu verlegen – wo der Papst vor zwei Jahren mit einer Million Jugendlichen den Weltjugendtag feierte –, stellt klar: Die Protestanten müssen sich nicht verstecken. Der Einladung des Präses der rheinischen Landeskirche, Nikolaus Schneider, alle Christen seien beim evangelischen Abendmahl in Köln willkommen, erteilte der Kölner Kardinal Joachim Meisner allerdings souverän eine Absage: Katholiken sei es verboten, am evangelischen Abendmahl teilzunehmen.

In Köln, wo viele deutsche muslimische Verbände ihren Hauptsitz haben, werden auf den Kirchentagspodien auch Fragen der Integration und das Verhältnis zum Islam verhandelt. Und nicht nur Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) übernimmt eine morgendliche „Bibelarbeit“, sondern auch Bekir Alboga von der türkischen Ditib (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion).

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