zum Hauptinhalt

Politik: Kirchners heiße Zeiten

Die Argentinier protestieren gegen die Folgen einer Hitzewelle und setzen die Regierung unter Druck.

Rio de Janeiro - Stromausfälle und unerträgliche Temperaturen treiben die genervten Argentinier auf die Straße: Die Hitzewelle in Buenos Aires hat in dem südamerikanischen Land mittlerweile eine politische Krise ausgelöst, deren Eigendynamik noch gar nicht abzusehen ist. Am Wochenende übertrug der TV-Sender „El Trece“ die Proteste live. Tausende zogen – wie in Argentinien üblich – mit Löffeln auf Kochtöpfe klopfend durch die Straßen von Buenos Aires. In ihren stickigen Wohnungen haben sie es einfach nicht mehr ausgehalten. Ihre Proteste richten sich gegen die Regierung von Präsidentin Cristina Kirchner.

„Frohe Festtage“ steht seit Tagen auf der Website der argentinischen Regierung zu lesen. Daniel Cameron, zuständiger Staatssekretär für die Energieversorgung, nahm dies wörtlich und nutzte die Festtagspause zu einem Ausflug in den Klub „Country Boca Ratón“. In dem Freizeittreff der Schönen und Reichen spielte Cameron nach argentinischen Medienberichten stundenlang Golf, während seine Landsleute vergeblich auf sein Eingreifen hofften. Wütende Nachbarn haben den golfspielenden Politiker fotografiert und die Bilder den argentinischen Redaktionen zugespielt.

Die Hauptstadt und mit ihr die rund 20 Millionen Einwohner, die im Großraum von Buenos Aires leben, leiden seit Tagen unter einer enormen Hitzewelle. Für Sonntag waren erneut Temperaturen von mehr als 40 Grad angesagt. Heiße Sommertage sind in Buenos Aires zwar nicht ungewöhnlich, aber die Dauer und Intensität der Hitzeperiode zehrt an den Nerven. Vor allem die ständigen, oft stundenlangen Stromausfälle haben das Leben für viele zeitweise unerträglich gemacht: Die Lebensmittel in den Kühlschränken verderben, die Klimaanlagen in den Wohnungen versagen ihren Dienst.

Argentiniens Regierung reagiert bislang so wie immer in handfesten Krisen und sucht die Schuld bei anderen. Die Energie-Unternehmen seien verantwortlich, heißt aus dem Kirchner-Kabinett. Die Opposition, allen voran Hauptstadtbürgermeister Mauricio Macri will das nicht gelten lassen. Er rief am Wochenende für Buenos Aires den Energienotstand aus. Da waren die Bilder des golfspielenden Energie-Staatssekretärs noch gar nicht in ganz Argentinien bekannt. Macri gab seiner Verwaltung für den Montag „hitzefrei“ mit dem Ziel, den Energieverbrauch in der öffentlichen Verwaltung zu reduzieren. Die Kirchner-Regierung rief er auf, einen Krisenstab zu bilden: „Wir haben einige Vorschläge, von denen wir glauben, dass es wert ist, gemeinsam darüber zu diskutieren.“ Vor allem wirft er der Regierung mangelnde Kommunikation vor: „Niemand weiß, ob und wann der Strom ausfällt. Ob es präventive Maßnahmen sind und wie lange das dauert.“ Auch der Abgeordnete Sergio Massa, ehemaliger Mitstreiter Kirchners und nun ihr politischer Gegner, greift Kirchner wegen fehlender Investitionen in die maroden Stromnetze an: „Die Stromausfälle sind Synonyme des Scheiterns der nationalen Regierung.“

Massa und Macri gelten als aussichtsreiche Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen 2015. Dann wird Kirchner nicht mehr antreten. Die zuletzt gesundheitlich angeschlagene Präsidentin kann nicht mehr kandidieren. Zudem wirkt sie amtsmüde. Aber vielleicht hilft ihr der Wetterbericht: Ab Dienstag soll es in Buenos Aires wieder etwas kühler werden. Tobias Käufer

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false