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Politik: Kleine Schritte

Merkel will sich heute mit Bush über eine erste mögliche UN-Resolution gegen Iran unterhalten

Berlin - Das Prinzip der „Politik der kleinen Schritte“ wendet Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auch auf den Irankonflikt an. „Es wird jetzt in erster Linie um den nächsten Schritt gehen“, heißt es aus ihrem Stab zu ihrem Treffen mit US-Präsident George W. Bush an diesem Mittwoch in Washington. Die Debatte um eine „Koalition der Willigen“ und Angriffsszenarien will die deutsche Seite umschiffen. „Militärische Optionen stehen nicht auf der Tagesordnung, und ich kann keine Differenzen mit unseren Gesprächspartnern erkennen“, meint ein hoher Regierungsbeamter. Die deutsche Sicht sei, dass diplomatische Bemühungen im Vordergrund zu stehen haben und „der Konflikt nicht militärisch gelöst werden darf“.

Merkel will sich mit Bush über eine erste mögliche Resolution der Vereinten Nationen (UN) unterhalten, der weitere folgen können. Dabei müsse es nicht um wirtschaftliche Sanktionen gegen das Ölförderland gehen, sondern zunächst seien politische denkbar, zum Beispiel Einreiseverbote, hieß es. Merkel lote Kompromissmöglichkeiten aus. Aus ihrem Stab wird auf die Gespräche mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem indischen Regierungschef Manmohan Singh sowie ihre Chinareise in gut zwei Wochen verwiesen. „Die Bundeskanzlerin legt großen Wert darauf, die internationale Staatengemeinschaft zusammenzuhalten, um dem Iran zu signalisieren, dass er sich in die Isolation begibt.“ Man wolle nicht von einer Mittlerrolle sprechen; Merkel versuche lediglich, ihren Beitrag zu leisten, heißt es aus der Regierung.

Trotz der Skepsis bei den Vetomächten Russland und China sei es „nicht nur wünschbar, sondern durchaus möglich, zu einem Schulterschluss zu kommen“. So habe sich Russland zunächst ja auch dagegen gewehrt, das Thema Iran überhaupt bei den Vereinten Nationen zu behandeln.

Teheran behauptet indes, Zusagen Russlands und Chinas zu haben, dass beide Länder Sanktionen oder einen Militärschlag nicht unterstützen. „Ich persönlich denke nicht, dass gegenwärtig Sanktionen oder etwas Ähnliches auf die Tagesordnung des Sicherheitsrates kommen werden“, wird der iranische Außenminister Manuchehr Mottaki zitiert. Merkels Berater heben hervor, dass sich „das Dossier“ – die Akte Iran – von Woche zu Woche neu entwickle und daher stets aktuell zu reagieren sei. Schon deswegen sei eine enge internationale Abstimmung notwendig. „Es gibt nicht den einen Königsweg.“

Merkel wird am Mittwochnachmittag (Ortszeit) von Bush im Weißen Haus empfangen. Ein Abendessen schließt sich an, an dem die Washingtoner Außenministerin Condoleezza Rice, der neue Stabschef Josh Bolton, Sicherheitsberater Steve Hatley und Bushs Frau Laura teilnehmen. Schon diese zweite Washingtonreise sei „fast so etwas wie Routine“, da Bush und Merkel häufig telefonierten, heißt es aus Merkels Stab.

Neben einem Treffen mit der US-Wirtschaftselite in New York steht ein weiterer Termin in Washington auf dem Programm: die 100-Jahr-Feier des American Jewish Committee (AJC), ursprünglich Anlass der Reise. Außer Merkel werden Bush und UN-Generalsekretär Kofi Annan Reden halten. Das AJC erwartet unmissverständliche Bekenntnisse zur Solidarität mit Israel. Und so bleibt bei Merkels zweitägiger Reise kein Raum für ein ursprünglich erwogenes Treffen mit Hillary Clinton, die manche gerne als nächste US-Präsidentin sähen.

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