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Völlig erschöpft. Teilnehmer des Klimagipfels in Lima während einer Verhandlungspause.

© Reuters

Klimagipfel in Lima: Eine freiwillige Aufgabe

Der Klimagipfel in Lima endet mit 32 Stunden Verspätung und einem Ergebnis, das vieles offen lässt. Die langfristigen Ziele sind bekräftigt worden, was aber fehlt, sind kurzfristige Maßnahmen, die schon vor 2020 wirksam werden.

Am Ende des Marathonlaufs strahlt Manuel Pulgar-Vidal über das ganze Gesicht. 32 Stunden Verlängerung hat der peruanische Umweltminister gebraucht, um den 20. Weltklimagipfel als dessen Präsident nicht zum kompletten Reinfall zu machen. Am Freitag hätte er enden sollen, am Sonntagmorgen kurz vor 1.30 Uhr Ortszeit hat der Gipfel ein Abschlussdokument verabschiedet, das viele Konflikte offenlässt, aber auch ein paar mutige langfristige Ziele enthält.

Bis zum März 2015 sollen alle Staaten der Klimarahmenkonvention, also mehr als 190, ihre selbst gesetzten Klimaschutzziele an das UN-Klimasekretariat in Bonn schicken. Allerdings nur, "wenn sie dafür bereit" sind. Sie sind die Grundlage für das umfassende Klimaabkommen, das in einem Jahr in Paris verabschiedet werden soll. Damit wird erstmals in der Klimadiplomatie die strikte Trennung zwischen Industriestaaten mit Klimaschutzverpflichtungen und Entwicklungsländern ohne Pflichten aufgehoben. Denn mehr als die Hälfte der aktuell erzeugten Treibhausgase wird in Entwicklungsländern ausgestoßen. Dagegen hatte sich China zuletzt vehement gewehrt, und Länder wie Saudi-Arabien, das zu den zehn Ländern mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen zählt, sieht sich weiterhin als Entwicklungsland.

Ab 2100 sollen gar keine Treibhausgase mehr ausgestoßen werden

Das Ziel, die globale Erwärmung unter zwei Grad im Vergleich zum Beginn der Industrialisierung zu halten, ist ebenfalls bekräftigt worden. Bis zum Ende des Jahrhunderts strebt die Welt sogar an, keine zusätzlich erzeugten Treibhausgase mehr in der Atmosphäre abzuladen. Das wäre nichts anderes als ein weltweiter Ausstieg aus der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas. Was fehlt, sind kurzfristige Beiträge zum Klimaschutz, die schon vor 2020 wirksam werden. Dabei werden diese gebraucht, um das Klimaziel zu halten.

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Das Gipfeldokument betont die Wichtigkeit von Anpassungsmaßnahmen an den nicht mehr abwendbaren Klimawandel. Am Vorabend hatten die Entwicklungsländer mit Unterstützung von China und Indien bemängelt, dass die Anpassung und deren Finanzierung viel zu kurz gekommen sei. Zudem wird das Versprechen des Gipfels in Cancun 2010 wiederholt, dass von 2020 an jedes Jahr 100 Milliarden Dollar für den Klimaschutz und die Klimaanpassung armer Länder zur Verfügung stehen sollen. Wie das Geld zusammengekratzt werden soll, ist allerdings so unklar wie vor dem Gipfel. Aber zumindest liegen nach dem Lima-Gipfel etwas mehr als zehn Milliarden Dollar im Grünen Klimafonds – ein erstes Zeichen von gutem Willen.

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Gipfelpräsident Pulgar-Vidal betonte am Ende die Wichtigkeit der Klimaanpassung und den Aufbau von Widerstandskraft gegen Naturkatastrophen. Er lobte die erneut gegebenen Versprechen finanzieller Hilfe. Die Chefin des UN-Klimasekretariats, Christiana Figueres, versuchte, den Optimismus vom Beginn der Verhandlungsrunde am Leben zu halten, indem sie behauptete, dass die Regierungen Lima „auf einer neuen Welle von gutem Willen in Richtung Paris“ verließen. Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) pflichtete Figueres bei: „Der Weg ist jetzt frei für die Schaffung des ersten Abkommens, das alle Staaten in die Klimaschutzanstrengungen einbindet.“

Nicholas Stern, der 2007 erstmals versucht hat, die geringen Kosten für den klimafreundlichen Umbau der Weltwirtschaft gegen die Kosten eines ungebremsten Klimawandels aufzurechnen, hatte zu Beginn des Gipfels gefordert, dass der Pariser Klimavertrag zeigen solle, wie attraktiv der Weg in kohlenstofffreie Wirtschaft sein könne, er bringe „mehr hochwertiges Wachstum, Investitionen in wirtschaftliche Erneuerung und neue Arbeitsplätze“.

Der Klimawandel schreitet schneller voran als die Politik

„Es gibt keinen Grund die Sektkorken knallen zu lassen. Leider schreitet der Kimawandel viel schneller voran als die Politik“, bedauerte dagegen Regine Günther, Klimaexpertin des WWF Deutschland. Martin Kaiser von Greenpeace kritisierte: „In Lima sollten die Fundamente für den Weltklimavertrag von Paris 2015 gelegt werden, doch es wurde nicht einmal die Baugrube fertiggestellt.“ Der Präsident des BUND, Hubert Weiger, meinte: „Mit dem Argument, wir warten erst mal ab, was die anderen tun, haben die Regierungen es sich in der Hängematte bequem gemacht.“ Die Chefin der Hilfsorganisation Oxfam, Winnie Byanyima, sagte: „Die Verhandler haben es gerade noch geschafft, das Boot vor Limas Küste ins Wasser zu bringen, aber auf dem Weg nach Paris liegt eine wilde See.“ Der Gipfelbeschluss sei eine Aufforderung an die Menschen, ihren Regierungen noch lauter klarzumachen, was sie von ihnen erwarteten.

Die Bundestagsabgeordnete Annalena Baerbock (Grüne) sagte, „mit Frankreich als nächstem Gastgeber und Deutschland mit der G-7-Präsidentschaft kommt Europa eine tragende Rolle zu“, um beim Pariser Gipfel einen Abschluss zu finden. Peter Höppe, Leiter der Georisikoforschung der Munich Re pflichtete ihr bei: „Nach Lima ist die Bedeutung und Erwartung an die Klimakonferenz in Paris 2015 noch einmal gewachsen.“ Ein Scheitern in Paris wäre aus seiner Sicht vor allem für „die am meisten vom Klimawandel betroffenen Menschen fatal“. Lima habe „die Erfolgsaussichten leider nicht erhöht“.

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