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Der Zyklon Pam traf im Jahr 2015 Kiribati, ehe er nach Neuseeland weiterzog.

© dpa/MIKE ROMAN

Klimaschutz: Bei uns ist der Klimawandel schon Realität. Bitte helft uns!

Die neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern besucht an diesem Dienstag Berlin. Sie schreibt: Helft uns, den Klimawandel zu bekämpfen. Ein Gastbeitrag.

Wo ich herkomme, sind heftige Stürme und Zyklone nichts Ungewöhnliches, erst recht nicht für die im Pazifischen Ozean verstreuten Inselstaaten. Zuletzt hatten diese Extremwetterereignisse aber eine neue und zerstörerischere Größenordnung.

Im Februar wurde Neuseelands geschätzter Nachbar Tonga von Gita getroffen, einem der stärksten Zyklone seit Jahrzehnten. Als ich wenige Wochen später Tonga besuchte, fand ich ein verwüstetes Land vor. Tausende Menschen waren obdachlos und Hunderte Gebäude dem Erdboden gleichgemacht, einschließlich des Parlaments des Landes.

Solche Stürme sind Tragödien. Sie sind auch starke, nahegehende Mahnungen, dass der Klimawandel nicht nur eine Theorie oder eine zukünftige Erwartung ist, sondern bereits stattfindet. Wir müssen ehrgeizigere Antworten auf diese enorme globale Herausforderung finden.

Ich bitte die politisch Verantwortlichen in Europa, sich mit mir zu dringenden Klimaschutzmaßnahmen zu verpflichten

Diese Woche bin ich in Europa unterwegs und bitte die politisch Verantwortlichen, sich mit mir zu dringenden Klimaschutzmaßnahmen zu verpflichten.

Die wissenschaftlichen Fakten sind unabweisbar: Die globalen Emissionen müssen bis zum Ende des Jahrhunderts erheblich fallen, wenn die Welt die Erwärmung auf zwei Grad begrenzen will. Deshalb hat sich meine Regierung für Neuseeland das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis 2050 kohlenstoffneutral zu werden.

Experten treffen sich in diesen Tagen zum Berlin Energy Transition Dialogue, um über die Rolle des Energiesektors für die Erreichung solch ambitionierter Ziele zu beraten. Das ist auch für Neuseeland eine Herausforderung, denn wir haben uns verpflichtet, bis 2035 unseren Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien zu gewinnen.

Neuseeland hat sich verpflichtet, bis 2035 unseren Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien zu gewinnen

Unser Plan schließt auch die Entwicklung von Kohlenstoffbudgets bis 2050 ein. Eine unabhängige Kommission wird festlegen, welche Menge Kohlenstoff wir jedes Jahr noch in die Atmosphäre emittieren dürfen, um dann Kohlenstoffneutralität zu erreichen. Gleichzeitig wird sie sicherstellen, dass wir weiterhin genügend Energie für unsere Wirtschaft und unser Land verfügbar haben.

Während dieses Prozesses wollen wir Regionen und Industrien unterstützen, die durch diesen Übergang weg von fossilen Brennstoffen direkt betroffen sind. Wir werden Milliarden Neuseeland-Dollar in lokale Infrastruktur- und saubere Energieprojekte investieren, wo viele Arbeitsplätze noch von fossiler Energie abhängen.

Wir arbeiten auch mit anderen rund um die Welt zusammen, um Lösungen für unsere eigenen Herausforderungen zu finden und um gemeinsam international zu handeln. Neuseeland ist bekannt für seine landwirtschaftliche Produktion und Expertise. Diese bedeutet aber auch, dass ein ungewöhnlich hoher Anteil unserer Emissionen – fast die Hälfte – aus der Landwirtschaft kommt. Deshalb haben wir eine führende Rolle in der von 49 Ländern getragenen Globalen Forschungsallianz zur Reduzierung von Emissionen aus der Landwirtschaft übernommen.

Aus dem gleichen Grund wollen wir auch andere Länder dabei unterstützen, eine klimafreundlichere Landwirtschaft zu entwickeln, die gleichzeitig höhere Erträge und mehr Ertragssicherheit ermöglicht. Wir engagieren uns zudem in internationalen Koalitionen, die sich zum Kohleausstieg, zur Abschaffung schädlicher Subventionen auf fossile Brennstoffe und zur Unterstützung unserer Volkswirtschaften auf dem Weg zur Kohlenstoffneutralität verpflichtet haben.

Jacinda Ardern, Premierministerin von Neuseeland, und Kanzlerin Angela Merkel
Jacinda Ardern, Premierministerin von Neuseeland, und Kanzlerin Angela Merkel

© AFP/John MACDOUGALL

Die Aufgabe ist gewaltig, aber die ersten Anzeichen sind ermutigend. Das Pariser Abkommen von 2015 war ein historischer Meilenstein. Nun müssen wir alle unseren Teil beitragen und umsetzen, wozu wir uns verpflichtet haben. Neuseeland ist entschlossen, Teil der Lösung zu sein. Es gibt in unserem Land ein Maori-Sprichwort: Ma tatou, a, mo ka uri, a muri ake nei – für uns und für unsere Kinder nach uns. Von dieser Einstellung geleitet ist es Zeit, an die künftigen Generationen auf dieser Welt zu denken – und unseren schönen Worten zum Klimaschutz Taten folgen zu lassen.

Jacinda Ardern ist Premierministerin von Neuseeland.

Jacinda Ardern

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