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Politik: Klimawechsel auf Lanzarote

Schröder und Aznar wollen Europas Konflikt zu Irak beilegen

Auf der Kanareninsel Lanzarote soll Friedensrat gehalten werden. Die beiden Wortführer der zerstrittenen europäischen Lager in Sachen Irak-Krieg, Deutschlands sozialdemokratischer Bundeskanzler Gerhard Schröder und Spaniens konservativer Ministerpräsident Jose Maria Aznar, treffen am Dienstag und Mittwoch zusammen. Wenigstens formal wollen sie den Riss kitten, der sich in Europa auftat, seit Berlin und Paris einerseits sowie Madrid und London andererseits sich mit Depeschen beharkten und jegliche Hoffnung auf eine gemeinsame europäische Außenpolitik dahinschwand. „Auf Lanzarote könnte der europäische Karren wieder angeschoben werden“, meinte ein Diplomat.

Die Voraussetzungen für einen Kompromiss sind jedoch wenig günstig: Das Klima zwischen Aznar und Schröder, die in Sachen EU-Subventionen schon öfter aneinander gerieten, ist nach den harten diplomatischen Gefechten der letzten Wochen um das Vorgehen gegen den Irak sehr kühl.

Beide Seiten werfen sich vor, aus der europäischen Front gegen den Irak ausgeschert zu sein. Doch immerhin griffen die beiden Regierungschefs nun, kurz vor dem deutsch-spanischen Gipfel und nach Wochen der Funkstille, zum Telefon, um vorab zarte Friedenssignale auszusenden. Die beiden einigten sich darauf, dass es besser sei, wieder miteinander statt nur übereinander zu reden. Denn Aznar, der zu den Großen in Europa gehören möchte, hat nicht verwunden, dass Schröder und Frankreichs Präsident Jacques Chirac am 22. Januar spektakulär als Kriegsbremser auftraten und die deutsch-französische Machtkarte ausspielten. Der stolze Spanier schlug zurück und bewies, dass auch die viel belächelten Südeuropäer nicht ohne Einfluss sind – und Europa mit ihnen rechnen muss. Der von Aznar mitinitiierte offene Brief acht europäischer Staaten mit dem Titel „Europa und Amerika müssen zusammenstehen" vom 30. Januar stieß beim Kanzler auf harte Kritik. Auch wenn der Spanier die öffentliche Meinung seines Landes gegen sich hat: Aznars Amerika-Kampagne sei ein „Söldnerakt gegen Frankreich und Deutschland", kritisierte die spanische Zeitung „El Pais".

Im friedlich-milden Klima auf Lanzarote sollen nun die Irritationen ausgeräumt werden. Doch schon gibt es durch den bekannt gewordenen deutsch-französischen Geheimplan, die friedliche Entwaffnung des Irak mit mehr Inspekteuren, Blauhelmen und Überwachungsflugzeugen voranzutreiben, neuen Konfliktstoff. Die konservative Zeitung „El Mundo" lobte zwar, Deutschland mache auf der Suche nach einer diplomatischen Lösung „einen Schritt nach vorn". Aber Aznar, der US-Präsident George Bush kompromisslose Gefolgschaft versprach, wird kaum auf diesen Friedenszug aufspringen.

Ralph Schulze[Madrid]

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