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Politik: Koalition à la carte

Krisengespräch beim Dinner: SPD und Grüne beraten über Spielräume der Partner – auch im Umgang mit der Union

Von Hans Monath

Von Markus Feldenkirchen

und Hans Monath

Auf bewährte Rituale soll man gerade in Krisenzeiten nicht verzichten. Auch deshalb begann die Sitzung des Koalitionsausschusses am Mittwochabend im Kanzleramt mit einem Abendessen. Eine feste Tagesordnung hatten sich die rot-grünen Spitzenpolitiker für ihr erstes Koordinierungstreffen seit dem Sturzflug von SPD und Kanzler in den Umfragen nicht gegeben. Weil es an allen Regierungsecken kriselt, hatte das Treffen im Vorfeld eine besondere Bedeutung erlangt. Dabei wurde es schon vor Wochen vereinbart. Trotzdem kam es vor allem den Grünen gerade recht. Sie sehen nämlich gerade jetzt „erhöhten Koordinierungsbedarf“.

Zwar türmen sich vor den Koalitionspolitikern wahre Problemberge auf. Da ist der umstrittene Irak-Kurs, dessen Ergebnis noch nicht absehbar ist. Da ist die Aufregung um die Informationspolitik des Kanzlers und den Handlungsspielraum des Außenministers. Da sind die Haushaltsprobleme, die Reformvorhaben und vor allem die Tatsache, dass gegen die bärenstarke Union im Bundesrat keine Politik mehr zu machen ist. Die Suche nach Kompromissen muss auch die Stellung der Grünen in der Koalition verändern.

Doch der Zwist zwischen Schröder und Fischer, den die Opposition am Mittwoch auch im Bundestag ausführlich breitgetreten hatte, spielte dann in den Verhandlungen im Kanzleramt gar keine Rolle. SPD und Grüne hätten in der Irak-Frage „Übereinstimmung festgestellt“ und „gar keinen Bedarf gehabt“, angebliche Unstimmigkeiten zwischen Kanzler und Vizekanzler zu erörtern, versicherte nachher Grünen-Parteichef Reinhard Bütikofer. Fischer selbst hatte an der Koalitionsrunde gar nicht teilnehmen können, weil er noch in Paris über die gemeinsame Sicherheitsratsstrategie verhandelte. Bütikofers Beschreibung war keine Schönrederei: „Wenn die beiden ein Problem gehabt haben sollten, werden sie das längst intern geklärt haben“, hatte es aus dem Umfeld der Alpha-Tiere schon vor der Sitzung geheißen.

Also war der Weg frei, über die gemeinsame Strategie und den Zeitplan zu reden. Beide Seiten hätten sich vor allem über einen Zeitplan für die Gesundheitsreform geeinigt, versicherten SPD-Generalsekretär Olaf Scholz und Bütikofer unisono. Danach strebt die Regierung schon im Sommer eine gemeinsame Lösung mit der Opposition an, wenn die denn bereit sei, auf der Grundlage der Koalitionsvorlage zu Ergebnissen zu kommen. Auch in der Arbeitsmarkt- und Steuerpolitik wollen die Koalitionsparteien demnach den Konsens mit der Union suchen, ohne sich auseinander dividieren zu lassen. SPD-GeneralsekretärScholz versicherte in dem Zusammenhang, die Regierung sei „fest entschlossen, keine neuen steuerlichen Lösungsvorschläge zu entwickeln“.

„Sachlich“ und „fast entspannt“ sei die Atmosphäre des Treffens gewesen, hieß es nach anderthalb Stunden. Auch das Treffen des Bundeskanzlers mit der CDU-Parteichefin am Tag zuvor hatte die Grünen offensichtlich nicht nervös gemacht. Mit dem Hinweis auf die vereinbarte Vertraulichkeit der Unterredung breitete Schröder keine Einzelheiten des Treffens vor den Koalitionären aus. Doch manche gewannen den Eindruck, der Kanzler sehe in Merkel momentan keine von der Union insgesamt mandatierte Verhandlungspartnerin, so lange in ihrem politischen Lager die Machtfrage nicht geklärt sei.

Durch den Bericht des Kanzlers sei klar geworden, dass es vernünftig sei, „wenn Rot und Grün gemeinsam eine Position entwickeln und auf die Union zugehen“. Um sich nicht spalten zu lassen, wollen sich die Partner aber zuvor einigen: „Wir legen ein Gesamtkonzept vor – auf das soll sich die Opposition dann einlassen.“

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