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Koalition: Die Kanzlerin kann ihre Regierung nicht befrieden

In den letzten Tagen haben sich in der Koalition die Stimmen gehäuft, die mehr Ruhe und Disziplin einfordern. Doch auch die Kritik an der Koalition will in den eigenen Reihen nicht abreißen.

Von Hans Monath

Berlin - Trotz dringender Appelle zur Geschlossenheit kommt die zerstrittene schwarz-gelbe Bundesregierung nicht zur Ruhe. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte am Wochenende gleich in zwei Interviews ein Ende der gegenseitigen Attacken. Aus der FDP-Basis kamen indes neue Drohungen und Angriffe auf die Regierungschefin. Auch der unionsinterne Streit über Steuererhöhungen wurde weiter befeuert. Aufregung löste ein Bericht aus, wonach Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) seinen Rücktritt erwogen haben soll. SPD-Chef Sigmar Gabriel warf der Koalition vor, sie habe sich „von Anfang an der Realität verweigert“.

Die Kanzlerin verteidigte ihren Kurs und das Sparpaket, das die Regierung vor einer Woche verabschiedet hatte. „Ich habe meinen eigenen Stil“, sagte sie der „Bild am Sonntag“. Merkel rief FDP und CSU dazu auf, sich nicht gegenseitig zu beschimpfen. „Ich gehe davon aus, dass die Beteiligten erkannt haben, dass das kein akzeptabler Stil ist“, sagte sie. „Das darf und wird nicht Schule machen.“

Hessens FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn kritisierte Merkel und warnte vor einem Ende von Schwarz-Gelb. „Entweder wir kriegen in Berlin die Kurve oder es ist bald Schluss mit der Koalition“, sagte er der „FAS“. Die CDU-Vorsitzende sei offensichtlich nicht fähig oder nicht willens, die Koalition mit der FDP ernst zu nehmen. „Sie spielt noch mit dem Joker einer großen Koalition.“ Baden-Württembergs FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sagte dem „Spiegel“: „Man hatte bisweilen den Eindruck, dass Frau Merkel die Koalition hintertreibt. Das sollte sich nicht wiederholen, damit sich nicht die Frage stellt, ob die Koalition Sinn macht.“ Auch Nordrhein-Westfalens Fraktionschef Gerhard Papke und Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil kritisierten die Kanzlerin. Im Streit um höhere Steuern blieben Versuche von Merkel und Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU), die Debatte zu beenden, ohne Wirkung. Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU) kritisierte, das Tabu Steuererhöhungen sei mit der Einführung einer Brennelementesteuer, einer Flugticketabgabe und der Einschränkung von Begünstigungen bei der Energiesteuer längst gefallen: „Das alles sind faktische Steuererhöhungen.“ Müller forderte einen dritten Mehrwertsteuersatz für Luxusgüter.

Das Verteidigungsministerium dementierte einen Bericht, wonach Guttenberg im Gespräch mit Vertrauten einen Verzicht auf sein Amt besprochen habe. Guttenberg ist empört, dass das Kanzleramt ohne sein Wissen ein Gutachten zum Kundus-Untersuchungsausschuss in Auftrag gab. Der Minister hatte in der Sparklausur den Unmut vieler Kabinettskollegen auf sich gezogen, als er seinen Sparbeitrag in ultimativer Form von der Abschaffung der Wehrpflicht abhängig machte. Wichtige Unionspolitiker wie Fraktionschef Volker Kauder halten an der Wehrpflicht fest.

SPD-Chef Gabriel kündigte an, seine Partei werde mit der Union keine große Koalition bilden, wenn die Kanzlerin zum Ergebnis komme, dass es mit der FDP nicht mehr gehe. „Dann sind Neuwahlen der einzige Weg zu einer neuen Regierung“, sagte er dem Tagesspiegel.

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